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Gottes Fest

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Liebe Gemeinde,

im Internet habe ich folgenden Zeitungbericht zu einer Facebook-Fete gefunden:
"Man wusste nicht so recht, ob und in welchem Ausmaß sie stattfinden wird - die Facebook-Party, zu der anonyme Veranstalter in dem sozialen Netzwerk aufgerufen hatten. Die "Göppinger Partyleutz" bliesen die Fete am Freitag zwar in letzter Sekunde offiziell ab ….
Polizei und Stadt Göppingen waren deshalb am Samstag in Alarmbereitschaft - und erlebten einen absolut ruhigen Nachmittag: Es gab keine Facebook-Party auf dem Gelände rund um die EWS-Arena. Gegen 14 Uhr stand eine Handvoll junger Leute wie bestellt und nicht abgeholt bei Schauerwetter an der Halle. Die Polizei schaute noch bis 16 Uhr nach dem Rechten - doch es tat sich nichts."

Auch bei Gottes Fest hat sich zuerst nichts getan, doch Gott lädt uns ein. Hört es selber:

„15 Als einer von den Gästen das hörte, rief er: "Was für ein Glück muss das sein, in der neuen Welt Gottes zum Fest eingeladen zu werden!"
16 Jesus antwortete mit einer Geschichte: "Ein Mann bereitete ein großes Festessen vor, zu dem er viele Gäste einlud.
17 Als alles fertig war, schickte er seinen Boten zu den Eingeladenen: 'Alles ist vorbereitet, kommt!'
18 Aber niemand kam. Jeder hatte auf einmal Ausreden. Einer sagte: 'Ich habe ein Grundstück gekauft, das muss ich unbedingt besichtigen. Bitte entschuldige mich!'
19 Ein anderer: 'Es geht leider nicht. Ich habe mir fünf Gespanne Ochsen angeschafft. Die muss ich jetzt ansehen!'
20 Ein dritter entschuldigte sich: 'Ich habe gerade geheiratet. Du wirst verstehen, dass ich nicht kommen kann.'
21 Der Bote kehrte zurück und berichtete alles seinem Herrn. Der wurde sehr zornig: 'Geh gleich auf die Straßen, auf alle Plätze der Stadt, und hole die Bettler, Verkrüppelten, Gelähmten und Blinden herein!'
22 Der Bote kam zurück und berichtete: 'Es sind viele gekommen, aber noch immer sind Plätze frei!'
23 'Geh auf die Landstraßen', befahl der Herr, 'und wer auch immer dir über den Weg läuft, den bring her! Alle sind eingeladen. Mein Haus soll voll werden.
24 Aber von denen, die ich zuerst eingeladen habe, wird keiner auch nur einen einzigen Bissen bekommen.'"
Lukas 14, 15-24

Warum soll ich zu Gottes Fest gehen?

Die drei Entschuldigungen der Leute sind eigentlich auch drei große Einladungen:

Entschuldigung 1: Ich habe ein Grundstück gekauft

Wenn ich zu Gottes Fest gehe, bekomme ich nicht nur ein Grundstück, einen Teil von Gottes Schöpfung, sondern alles: Gottes neuen Himmel und neue Erde.
    
Menschen versuchen durch Besitz Sicherheit für ihr Leben zu finden.
Jesus ist ehrlich, dass er uns Menschen sagt: wenn ihr nur Besitz sucht und mehr zu haben strebt, macht ihr euch kaputt. Wir haben Probleme und schleppen so manchen Ballast mit uns herum. Jesus sagt ganz klar: „Ich werde nicht alle deine Probleme lösen. Aber ich helfe dir mit diesen Problemen zu leben und zurecht zu kommen.“

Allerdings gibt es das nicht von allein, sondern es geht um uns, es kommt auf uns an und Jesus macht das nicht gegen unseren Willen, auch nicht gegen unsere beliebteste Ausrede: "Ich habe keine Zeit!" Man spricht auch von Sachzwängen. Es geht halt nicht anders.

Jesus legt hier offen, dass wir manchmal wie Getriebene handeln. Wie von einem inneren Zwang bestimmt. "Es muss jetzt sein!" "Das geht eben vor!" "Dem fühle ich mich verpflichtet!"  Von einer Sache gepackt zu sein, sich zu begeistern z.B. für Fußball, ist eigentlich eine gute Sache. Aber wenn plötzlich alles danach ausgerichtet wird, dann stimmt da etwas nicht. Dann stimmen die Prioritäten nicht mehr. Dann wird der Sport zum Gott.

Wo ist die Grenze der Begeisterung? Meiner Meinung nach kann es nicht darum gehen, ein total abgekühltes Verhältnis zum Reiten, zum Fußball, zum eigenen Hobby zu haben. Begeisterung ist zutiefst menschlich und wir ziehen viel Energie daraus. Aber die Grenze ist sicher da, wo ich Gott darüber vergesse. Wer nicht mit Gott lebt, der hat andere Abhängigkeiten. Wo Gott nicht die höchste Stelle in unserem Leben ausfüllt, dort treten andere Dinge an seine Stelle. Dafür opfert man dann Zeit und Kraft, Phantasie und Gesundheit und mancher auch seine Familie.

Gott lädt ein zu seinem Fest. Das Einzige, was nötig ist, ist zu kommen. Aber die Eingeladenen finden das offenbar nicht so attraktiv. "Nein, muss nicht sein. Gibt so viel Spannenderes als dieses Fest!" Das meinen sie zumindest und täuschen sich gewaltig.

Entschuldigung 2: Ich habe geheiratet

Wow, das ist schön, die große Liebe zu finden und eine Familie zu gründen. Gott hat die Beziehung zwischen Mann und Frau uns zur Freude gegeben. Und ihr den genialen Schutzraum der Ehe gegeben.

Gottes Fest ist noch erfüllender als diese tiefe menschliche Beziehung.
Wir sind so sehr auf uns und unser Glück fixiert, dass wir vergessen, dass wir echtes Glück und Erfüllung nur in Gemeinschaft mit anderen finden können.

"Die Gemeinschaft und Nähe Gottes suchen?" - "Ach, lass mal, vielleicht später, wenn ich älter werde und ich sterben muss. Dann will ich mich mal um Gott kümmern, aber heute habe ich etwas Interessanteres vor!" - "Ich kann nicht kommen... - Ich bitte dich, entschuldige mich!"
Sonntag morgen - Gottesdienst. "Au weia! Da will ich doch wenigstens einmal ausschlafen!" Aber ist es die lange Computernacht oder Ausgehnacht zuvor wirklich wert, den Gottesdienst zu verpassen? Was bleibt denn am Ende übrig von den vielen Filmen oder anderem als ein schaler Nachgeschmack?

Gott läuft uns nicht unendlich hinterher. Eine Zeitlang vielleicht. Wir haben seine Einladung schriftlich. In der Bibel. Sie wurde uns vielfach mündlich überbracht. Gott hat gelockt: "Komm doch, schau, meine Tische sind reich gefüllt: Lebensfreude, Vergebung, meine Liebe, Kraft und Perspektive, ich will dich leiten und versorgen. Von mir kommt Gesundheit und Hilfe in allen Lebenslagen."

"Ach nein. Es geht auch so. Danke, wir kommen zurecht. Vielleicht später, wenn das Grundstück, der Lamborghini und die Frau nicht mehr so attraktiv sind. Aber jetzt? Kein Bedarf an religiösen Festen!"

Und Gott – einmal noch ruft er an. Das Einzige, was nötig ist, ist zu kommen. Aber dann lässt er uns mit unseren Abhängigkeiten allein. Wir haben dankend abgelehnt. Sein Angebot hat uns nicht geschmeckt.

Entschuldigung 3: Ich habe fünf Gespanne Ochsen gekauft

Zugkraft fürs Leben. In der Tretmühle des Alltags.
Was suchen die Leute heute nicht alles, um Sinn und Ruhe zu finden... Hier will ich nur drei Dinge davon nennen: Wellness, Geld und Macht.

Wellness: Für meinen Körper tu ich alles, angefangen von der Körperpflege bis zur rechten Kleidung und dem guten Essen. Wenn sich mein Körper wohl fühlt, fühle ich mich auch wohl. Aber habe ich da nicht noch meine Seele vergessen?

Geld und Macht: Das sind die wahren Regierungen in unserer Welt, viele streben danach und wollen sie um jeden Preis erreichen. Sind sie aber jeden Preis auch wert?

Jesus hat eine andere Wellness, eine die sich nicht nur um den Körper sondern auch um die Seele kümmert. Eine Wellness, die die Probleme nicht wegschiebt, sondern hilft, gerade mit und in ihnen zu leben.

Jesus hat nichts gegen Geld und Macht. Er weiß, wofür du es einsetzen kannst. Gib dein Geld für den Ausbau des Reiches Gottes und setze alle Macht dafür ein, dass andere Menschen von Jesus hören und du wirst merken, das, was du weggibst, das wird dir zum Segen.

Das sind jetzt drei gegenläufige Meinungen zum Zeittrend, aber sie werden dich zu Sinn und Ruhe führen. Jesus drängt dir das nicht auf, aber er gibt es dir als dringende Empfehlung.

Darum: Mach den Versuch, teste den Besten!

Auch wenn wir zu denen gehören, die sich zum Fest aufgemacht haben und dieser Einladung höchste Priorität geben, können wir uns noch auf einige Überraschungseier gefasst machen, die uns unsere Zeit und Energie klauen wollen. Das Smartphone wird sicher auch dazu gehören. Das heißt aber nicht, dass wir darauf verzichten müssen. Im Gegenteil. Nur: die Prioritäten müssen stimmen.

Wenn Gott und sein Fest die Nr. 1 sind, dann kann sich das andere klären. Dann wird mir die Freude des Festes bei Gott immer bedeutender und wertvoller sein, als alles, was ich sonst an faszinierenden Dingen erlebe. Das befreit mich auch für die menschlichen Beziehungen, für die ich bislang keine Augen hatte.

Ich meine nicht, dass Gott etwas einzuwenden hat gegen Hobbys. Aber sie und andere High-Tech-Spielereien sollen mich nicht abhalten vom realen, von meinem eigenen, wirklichen Leben und meinem Glauben!

Eine Stunde am Mittwoch ist zu wenig für eine Ehe. Eine Stunde am Sonntagmorgen ist zu wenig für die Beziehung zu Gott. Er will uns immer in seiner Nähe haben. Alle Entscheidungen soll ich treffen mit Blick auf das große Fest, zu dem ich eingeladen bin.

Hindert mich das, wovon ich fasziniert bin, mit ihm zu reden, auf seine Worte zu hören? Für ihn dazu sein? Wie sieht meine Beziehung zu Gott aus?

Willst du dazu gehören? Ich lade dich dazu ein. Das Einzige, was nötig ist, ist zu kommen!

Darum soll es im Leben gehen, darum soll es im Konfirmandenunterricht gehen. Ich freue mich, mit euch darüber ins Gespräch zu kommen.
Amen.

Autor: Krust, Ralf


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Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt

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Liebe Gemeinde,

„Gott ist Liebe!“

Das ist wohl die zentralste Aussage, die wir über das Wesen Gottes machen können. Johannes betont das immer wieder. Er verbindet alle Aussagen, die er in seinen Briefen macht, mit dieser wichtigen Tatsache: „Gott ist Liebe“.

Gott liebt nicht nur. Er ist Liebe.
Im Kern seines Wesens ist er Liebe. Es entspricht seinem Wesen, zu lieben. Gott ist auch nicht der liebe Gott, der einfach lieb ist. Er ist Liebe. Im Kern seines Wesens ist er Liebe. Und Liebe kann unter Umständen auch sehr entschieden und hart sein.

So wie es das Wesen der Sonne ist, zu leuchten, so ist es das Wesen Gottes, zu lieben. Von der Sonne gehen ganz verschiedene Wirkungen aus. Sie macht hell, sie wärmt und ihre Strahlen lassen Farben sichtbar werden.

Ebenso wie von der Sonne verschiedene Wirkungen ausgehen, hat auch die Liebe Gottes verschiedene Auswirkungen. Die Liebe Gottes bleibt niemals wirkungslos.

Johannes beschreibt drei Wirkungen, die von der Liebe Gottes ausgehen: Die Liebe Gottes zeigt sich als zuvorkommende Liebe, als furchtlose Liebe und als aktive Liebe.

Die zuvorkommende Liebe

„Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“

Der große Unterschied zwischen der Liebe, mit der Gott liebt und der Liebe, mit der wir Menschen lieben können, ist die Tatsache, dass unsere Liebe meistens als Reaktion verstanden wird, während die Liebe Gottes in der Aktion besteht.

Wir lieben, weil wir geliebt werden. Wir lieben, weil wir den anderen liebenswert finden. Wir lieben, weil wir vom anderen profitieren können. Und wir lieben vielleicht, weil wir unsere Triebe befriedigen wollen.

Wenn wir Gottes Liebe mit der Sonne vergleichen, die strahlt, wärmt und farbig erscheinen lässt, müssten wir unsere Liebe mit dem Mond vergleichen. Wir haben keine Leuchtkraft in uns selbst, sondern können nur das Licht zurückstrahlen, mit dem wir zuvor angestrahlt worden sind.

Das Dilemma besteht also darin, dass wir nicht lieben können, wenn wir nicht geliebt werden. Es gibt viele Menschen, die in ihrem Leben so wenig Liebe erfahren haben, dass ihr Liebesakku total leer ist. Vielleicht wurde er sogar noch niemals aufgeladen.

Und es kommt noch etwas anderes dazu. Das Dilemma besteht auch darin, dass wir nicht lieben können, wenn unser Gegenüber nicht liebenswert ist. Wir haben den Eindruck, dass wir von bestimmten Menschen missachtet oder verachtet werden. Wir fühlen uns durch das Verhalten des anderen verletzt oder provoziert. Es gibt Menschen, die wir einfach unsympathisch finden. Die Chemie stimmt nicht. Es sind Welten, die uns voneinander trennen.

Im Unterschied zur menschlichen Liebe, die meistens auf Liebe als Reaktion beschränkt, ist die Liebe Gottes Liebe in Aktion. Deshalb hat die Bibel für die Liebe, mit der nur Gott lieben kann, sogar ein eigenes Wort. Es heißt „Agape“.

Gott ist Liebe in Person.
Er liebt, weil es sein Wesen ist zu lieben. Es gibt keinen Grund, keinen Anlass für ihn zu lieben. Er liebt, weil er lieben will.  

Johannes beschreibt daher die Liebe Gottes als zuvorkommende Liebe. Er sagt von Gott: „Er hat uns zuerst geliebt.“

Die zuvorkommende Liebe Gottes ist nicht nur ein Wort. Sie ist kein weltfremder Traum. Sie wurde Liebe in Aktion. Sie wurde blutige Realität am Kreuz von Golgatha. Dort starb der Sohn Gottes für alle Menschen. Auch für seine Feinde. Dort antwortete er auf Feindschaft und Hass mit Vergebung und dem Angebot der Versöhnung. Dort kommt er in allem unserer Liebe zuvor: „Er hat uns zuerst geliebt.“

Die verschiedenen Facetten der zuvorkommenden Liebe Gottes, die Gott durch Jesus in unsere Welt hinein investiert, werden im Leben von Jesus an vielen Stellen sichtbar.

Jesus liebt mit erbarmender Liebe

Da liegt dieses blinde schreiende Elend und ruft: „Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich meiner - Kyrie eleison.“ (Markus 10,47)
Und Jesus bleibt stehen. Er lässt sich aufhalten. Er lässt sich seinen Terminkalender durcheinander bringen. Er hat Erbarmen und heilt den blinden Bettler Bartimäus.

Jesus liebt mit suchender Liebe

Er hat einen Blindgeborenen geheilt. Doch dieser ist nun zwar sehend, aber er hat noch nicht verstanden, wer Jesus in Wirklichkeit ist. Nun sucht Jesus diesen Mann überall.
Er geht ihm nach und findet ihn schließlich im Tempel. Er gibt ihm Nachhilfeunterricht in Sachen Glauben, bis dem auch die inneren Augen aufgehen. Er sagt dann zu Jesus: „Herr, ich glaube!“ und betet ihn an (Johannes 9,38)

Jesus liebt mit vergebender Liebe

Die Frau, die sie zu ihm brachten, damit er sie verurteilte, weil sie beim Ehebruch ertappt worden war, verdammt er nicht. Jesus fragt: „Wo sind sie, Frau? Hat dich niemand verdammt?“ Und antwortet: „So verdamme ich dich auch nicht; geh hin und sündige hinfort nicht mehr.“ (Johannes 8,10f)

Ich weiß von einer Frau, deren ähnlich problematische Vergangenheit ihr immer wieder schmerzlich bewusst wurde. Und immer wenn das geschah, tröstete sie sich mit diesen Worten: „Ich verdamme dich nicht; geh hin und sündige hinfort nicht mehr.“

Jesus liebt mit fürsorglicher Liebe

Noch am Kreuz unter größten Schmerzen denkt er an seine Mutter und sorgt dafür, dass sie versorgt ist. Er gibt Johannes den Auftrag, nach Maria zu sehen. Gleichzeitig soll Maria für den jungen Johannes die Mutterrolle übernehmen.

Und ich möchte noch eine Liebe nennen, mit der Jesus liebt:

Jesus liebt mit ausdauernder Liebe

Johannes sagt von Jesus: „Wie er die Seinen geliebt hatte, die in der Welt waren, so liebte er sie bis ans Ende.“ (Johannes 13,1)

Jesus hat mit seiner Liebe nicht nachgelassen. Er hat sie nicht irgendwann einmal aufgekündigt und gesagt: „Jetzt reicht’s aber!“ Er hält mit seiner Liebe durch, auch bei dir und mir!

In der Aussage über die ausdauernde Liebe von Jesus steht das Wort „telos“, das auch Vollendung oder Ziel bedeuten kann. Das heißt: Jesu Liebe genügt. Sie hält durch. Mit ihr bringt er mich ans Ziel. Mit ihr bringt er mich dahin, wo er mich haben will.

Die zuvorkommende Liebe von Jesus soll in unserer Gemeinde immer wieder aufleuchten.

Wir können uns an Johannes selbst ein Beispiel nehmen. Jesus hat den temperamentvollen und cholerischen Knaben „Donnersohn“ genannt. Und das Donnerkind, das die Probleme mit Feuer vom Himmel lösen wollte, wird durch Jesus zum Sonnenkind. Johannes sucht immer die Nähe von Jesus und will sich in seiner Liebe sonnen.

Das brauchen wir. Wir müssen mehr Zeit im Sonnenstudio der Liebe Gottes verbringen. Wir müssen in seiner Liebe baden. Die Zeit zu Gebet und Anbetung in der Gegenwart Gottes und im Wirken lassen seiner Worte muss sein. Das ist der Weg, wie unser innerer Liebesakku immer wieder aufgeladen werden kann.

Als Jesus einmal in das Haus des Pharisäers Simon eingeladen wurde, geschah es, dass alle vom Besuch einer Prostituierten überrascht wurden. Die Frau näherte sich Jesus und zeigte ihm ihre Dankbarkeit, indem sie weinte, seine Füße küsste und diese mit kostbarem Salböl salbte. Das löste allgemeines Unverständnis aus.

Doch Jesus entgegnet: „Ihre vielen Sünden sind vergeben, denn sie hat viel Liebe gezeigt; wem aber wenig vergeben wird, der liebt wenig.“ (Lukas 7,47)

Wenn wir wenig Liebe füreinander haben, könnte es doch auch daran liegen, dass uns unsere Sünden nicht mehr bewusst sind und dass uns nicht mehr klar ist, was das bedeutet, dass Jesus uns vergibt. Dann kann es helfen, dass Du Dir einmal wieder deine Sünden der Vergangenheit bewusst machst. Empfinde Reue, sieh die Größe deiner Sünden an und spüre wieder neu, was es heißt, dass diese vielen Sünden alle vergeben sind. Der Preis ist bezahlt, die Strafe ist erlassen. Dir sind deine Sünden vergeben.

Die zuvorkommende Liebe

Die furchtlose Liebe

„Darin ist die Liebe bei uns vollkommen, dass wir Zuversicht haben am Tag des Gerichts; denn wie er ist, so sind auch wir in dieser Welt. Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus.“

Der Junge kommt mit einer Fünf nach Hause. Er weiß, dass er faul war und nicht genügend gelernt hat. Je näher das Elternhaus, umso größer die Angst vor dem Donnerwetter, das ihn erwartet. Doch die Mutter sieht sofort, was los ist. Sie nimmt ihr Kind in die Arme und sagt: „Ich hab dich lieb.“

Diese Liebe nimmt die Angst und stärkt den Wunsch, dass es bei der nächsten Klassenarbeit anders sein soll.

So handelt Jesus. So empfängt er mich, wenn ich Mist gebaut habe, wenn ich Chancen vertan habe, wenn ich Tage verschwendet habe, wenn ich Liebe schuldig geblieben bin, und wenn ich Menschen verletzt habe. Auch vor dem Tag des Gerichts muss ich keine Angst haben, weil er mich angenommen hat.

Nicht nur unsere Gottesbeziehung, auch unsere menschlichen Beziehungen sind oft angstbesetzt. Wir gehen nicht offen miteinander um. Wir geben viele Dinge nicht zu. Wir versuchen uns selbst zu rechtfertigen. Wir gehen Konflikten aus dem Weg. Wir versäumen es, einander zu ermutigen. Daher brauchen wir auch im zwischenmenschlichen Umgang die furchtlose Liebe.

Weil Jesus mich liebt und so annimmt wie ich bin, kann ich mich angenommen und wertgeschätzt fühlen. Ich bin nicht von der Gunst, Missgunst oder Beurteilung von Menschen abhängig. Weil ich vor Jesus nichts verbergen muss, brauche ich auch keine Angst vor dem offenen Umgang mit Menschen zu haben. Sollte es denn peinlicher sein, vor Menschen etwas zuzugeben, als es sich vor Jesus einzugestehen?

Johannes sagt: „Die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus.“

Zweifelhafte Bars haben sogenannte Rausschmeißer, stämmige Kerle, die unerwünschte Besucher unsanft auf die Straße befördern. Im griechischen Urtext heißt es: „Die Liebe wirft die Furcht raus.“

Gottes Liebe ist ein Rausschmeißer, der in unserem Leben kräftig aufräumt mit Furcht und Unsicherheit. Lassen wir das doch zu. Ohne Furcht können wir dann aufeinander zugehen und einander ermutigen und ermahnen.

Die zuvorkommende Liebe
Die furchtlose Liebe

Die aktive Liebe

„Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.“

Die zuvorkommende Liebe Gottes gibt uns die Reserve, Liebe weiterzugeben. Wer geliebt ist, kann andere lieben. Wer sich angenommen weiß, kann andere annehmen.

Wenn es um die Liebe der Geschwister in der Gemeinde geht, ist für Johannes nun aber ein ganz zentraler Gedanke der, dass die Liebe zu Gott und die Liebe zu den Brüdern und Schwestern ganz eng miteinander verbunden sind.

Es gibt zwei Wege, Jesus zu lieben. Entweder indirekt im Hören auf seine Worte und im Gebet oder direkt über die Liebe zu den Geschwistern. Beides gehört zusammen. Beides lässt sich nicht voneinander trennen.

Wir müssen in der Gemeinde ernst damit machen, dass Jesus Christus in allen lebt, die ihn aufgenommen haben und von seinem Geist erfüllt sind.

Das heißt: Wenn du Jesus begegnen willst, wenn du ihm gegenübertreten willst, musst du in die Gemeinde gehen. Wenn du einen Bruder oder einer Schwester ansiehst, siehst du Jesus in die Augen. Wenn du ihnen die Hand gibst, schüttelst du Jesus die Hände. Wenn du sie verachtest, verachtest du Jesus. Wenn du im Unfrieden lebst, lebst du mit Jesus im Unfrieden.

Denken Sie jetzt an ein ganz bestimmtes Gemeindeglied und sehen Sie diesen Bruder oder diese Schwester mit diesem Bewusstsein an!

Johannes spricht an dieser Stelle auch von der Liebeslüge. Er sagt: „Wenn jemand spricht: ich liebe Gott und hasst seinen Bruder, der ist ein Lügner“.

Die Tatsache ob jemand Gott liebt, lässt sich nicht nachprüfen. Gott ist unsichtbar. Die Intensivität der Liebe zu Gott kann ich von außen nicht feststellen. Da kann einer viel erzählen und viel behaupten.

Mit der Liebe zu den Geschwistern in der Gemeinde ist das ganz anders. Liebe und Gegenliebe, aber auch Lieblosigkeit, Hass und Verachtung lassen sich in der Gemeinde sehr wohl feststellen. Daher kann ich nicht sagen: „Ich liebe Gott“ und mein Verhältnis zu den Glaubensgeschwistern ist nicht von Liebe geprägt.

Den Bruder und die Schwester kann man sich nicht heraussuchen wie einen Freund oder eine Freundin. Sie sind einem vorgegeben. Sie wurden einem zur Seite gestellt. In die Familie der Gemeinde Jesu werde ich durch die Wiedergeburt hineingeboren.

Johannes macht daher keine Aussagen über die Liebenswürdigkeit meiner Glaubensgeschwister. Er nennt keine Bedingungen, die eintreten müssen, damit ich sie lieben kann. Die einzige Aussage, die Johannes macht ist: Sie sind sichtbar. Daher: Liebe sie!

Die anderen Seiten, die nicht zu Jesus passen, sind natürlich bei den Geschwistern in der Gemeinde auch da. Ich sehe in ihnen nicht nur Jesus, sondern auch allzu Menschliches. Bei allem, was wir am anderen sehen, entdecken wir schnell die Schattenseiten. Aber bei mir ist das doch genauso.

Einer hat das so formuliert: „Jesus hat sich darauf eingestellt, mir lebenslang die Füße zu waschen“.
Das bedeutet: Die Liebe von Jesus zu mir ist illusionslos. Er kennt meine Macken, meine Ecken und Kanten. Er weiß, wer ich bin. Und weil diese Liebe zu mir so illusionslos stark ist, hat sie unbedingt die Folge, dass ich die Geschwister liebe, und zwar genauso illusionslos. Nicht weil sie so nett sind, sondern weil Jesus in ihnen lebt und weil sie Jesus so kostbar sind, dass er für sie gestorben ist.

Manchmal werden wir einander lieben, indem wir einander immerhin ertragen, wie Paulus ganz nüchtern sagt: „Ertragt einer den andern in Liebe.“ (Epheser 4,2)

Aber wir werden einander nicht aus dem Weg gehen. Wir werden uns nicht voneinander trennen. Genauso wie wir bei Jesus bleiben, werden wir an der Einheit mit dem Bruder und der Schwester festhalten.

Die Liebe zu den Geschwistern hat auch ganz praktische Seiten. Johannes sagt: „Wenn aber jemand dieser Welt Güter hat und sieht seinen Bruder darben und schließt sein Herz vor ihm zu, wie bleibt dann die Liebe Gottes in ihm.“ (1. Johannes 3,17)

Unsere Liebe ist gleichsam der Sehtest des Glaubens. In der praktizierten Bruderliebe wird dieser Test geliefert. Ich sehe, was Not tut und was der andere braucht.

Liebe kann sich in finanzieller oder materieller Unterstützung äußern. Sie kann sich darin äußern, dass ich jemandem das Essen bringe, wenn er krank ist, dass ich für jemanden einkaufe, dass ich einem bei seinen Computerproblemen helfe, ihn in finanziellen Angelegenheiten berate oder seine Steuererklärung mache.

Ich bin sehr dankbar, dass in unserer Gemeinde die Not gesehen wird und so viel Liebe praktiziert wird. Wie oft habe ich selbst schon liebevolle Hilfe und Unterstützung erfahren. Wie oft bin ich schon auf andere gestoßen, die dankbar erzählt haben, wie ihnen geholfen wurde: „Als meine Frau im Krankenhaus war, wurde ich jeden Tag zum Essen eingeladen.“ Oder: „Einige haben mir beim Renovieren meiner Wohnung geholfen.“ Und: „Mir wurden häufig die Kinder abgenommen, als es mir nach der Bestrahlung im Krankenhaus so schlecht ging.“

„Gott ist Liebe!“

Wir konzentrierten uns auf die Auswirkungen dieser großen Liebe Gottes. Wir hörten von der zuvorkommenden Liebe, mit der Jesus uns liebt. Wir hörten von der furchtlosen Liebe, die es ermöglicht, dass wir einander ermutigen und ermahnen können. Und wir sprachen von der aktiven Liebe, die davon bestimmt ist, dass wir Jesus im Bruder und in der Schwester sehen.

„Lasset uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.“
Amen

Autor: Wanner, Michael


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Der Weg, die Wahrheit und das Leben

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Jesus saß des Öfteren mit ganz üblem Gesindel zusammen und aß sogar mit ihnen. Die rechtschaffenen Leute nahmen Anstoß daran und ärgerten sich über ihn. Da erzählte Jesus ihnen die drei berühmt gewordenen Gleichnisse von etwas Verlorenem:

1.    Das Gleichnis vom verlorenen Schaf,
2.    Das Gleichnis vom verlorenen Groschen und
3.    Das Gleichnis vom verlorenen Sohn.

Im mittleren dieser drei Gleichnisse z.B. verliert jemand eine Geldmünze, stellt das ganze Haus auf den Kopf, findet die Münze wieder und ruft vor Freude die Nachbarn zusammen. Aber ist dieses Verhalten nicht etwas abnorm? Deshalb alle Nachbarn aus dem Bett trommeln, um ein Fest zu feiern? Das Fest kostet ja weit mehr als die gefundene Münze wert ist!

Ich bin ja selbst oft vergesslich und verlege immer mal irgendeine Sache. Dann ärgere ich mich tüchtig, und wenn ich den Gegenstand wiedergefunden habe, ist es mir peinlich: Wie konnte ich es an diesem Platz übersehen? Da scheint mir Ludwig van Beethoven realistischer zu sein mit seiner temperamentvollen Klaviersonate, der er den Titel „Die Wut über den verlorenen Groschen“ gab.

Für mich sind die Geschichte vom verlorenen Groschen oder vom verlorenen Schaf eigentlich Un-Gleichnisse. Kein Mensch feiert wegen einem von hundert Schafen ein großes Fest. Wenn ich den verlegten Fünfliber wiedergefunden habe, dann erzähle ich niemanden davon. Es muss ja nicht jeder wissen, wie schusselig ich manchmal bin.

Gott aber ist anders! Gott freut sich und lädt zur Mitfreude ein! Wir schreiben Kleinigkeiten wie den Verlust eines Hundertstels ab. Wir schreiben vielleicht sogar Menschen ab, von denen wir uns enttäuscht fühlen. Na gut, dann laden wir diesen oder jenen eben nicht mehr ein und besuchen ihn auch nicht mehr. Die frommen Pharisäer, die rechtschaffenen Bürger haben die Zöllner und Sünder bereits abgeschrieben. Jesus aber ist anders: „Er isst sogar mit ihnen!“ (Lukas 15, 2b)

Doch da gab es einen ganz fanatischen Pharisäer, einen besonders rechtschaffenen Bürger. Der sorgte für saubere Verhältnisse und spürte die Sektierer in ihren Verstecken auf. Er zeigte sie bei der Polizei an. Er schaute sogar bei der Steinigung einer dieser Leute zu. Er selbst hielt sich für rechtschaffen und gut! Bis zu dem Tag, an dem er eines Besseren überzeugt wurde.

Auf dem Weg nach Damaskus begegnete ihm der auferstandenen Jesus Christus selbst. Der Pharisäer Saulus, mit griechischem Namen Paulus, begann zu begreifen: Ich bin eigentlich ein verlorener Mensch! Statt zu Gott zu kommen, habe ich mich immer weiter von ihm entfernt. Jahre später schreibt Paulus an einen Freund:

„Ich danke dem, der mich ermächtigt hat, Christus Jesus, unserem Herrn, dafür, dass er mir sein Vertrauen geschenkt und mich in seinen Dienst gestellt hat, mich, der ich zuvor ein Gotteslästerer war und andere verfolgte und misshandelte. Doch ich habe Erbarmen gefunden, weil mir – da ich noch im Unglauben war – nicht bewusst war, was ich tat.
Überreich aber zeigte sich die Gnade unseres Herrn und mit ihr Glaube und Liebe in Christus Jesus.
Zuverlässig ist das Wort und würdig, vorbehaltlos angenommen zu werden: Christus Jesus ist in die Welt gekommen, um Sünder zu retten - unter ihnen bin ich der erste.
Doch eben darum habe ich Erbarmen gefunden: An mir als Erstem sollte Christus Jesus die ganze Fülle seiner Geduld zeigen, beispielhaft für alle, die künftig an ihn glauben und so ewiges Leben finden.
Ehre und Herrlichkeit sei dem König der Ewigkeit, dem unvergänglichen, unsichtbaren und einzigen Gott, in alle Ewigkeit, Amen.“
(1. Timotheus 1, 12-17)

Woher nahmen die Pharisäer und rechtschaffenen Bürger das Recht, die Zöllner und Sünder als Verlorene zu betrachten?

Wir Durchschnittsbürger verhalten uns besser als Betrüger und Kriminelle. Klar. Die Bibel aber fragt tiefer, viel tiefer. Sie fragt nach unserem grundsätzlichen Zustand vor Gott. Und da müssen wir uns sagen lassen, dass wir, samt und sonders, Anständige und Kriminelle, im falschen Zug sitzen. Ist da einer von uns, der ohne Sünde ist? Ist da einer von uns, welcher die Vergebung nicht bräuchte?

Wir haben vorhin den 130. Psalm gelesen und die Nachdichtung und Vertonung von Martin Luther gesungen:

„Bei dir gilt nichts denn Gnad und Gunst,
die Sünde zu vergeben;
es ist doch unser Tun umsonst
auch in dem besten Leben.
Vor dir niemand sich rühmen kann;
des muss dich fürchten jedermann
und deiner Gnade leben.

Darum auf Gott will hoffen ich,
auf mein Verdienst nicht bauen;
auf ihn will ich verlassen mich
und seiner Güte trauen,
die mir zusagt sein wertes Wort.
Das ist mein Trost und treuer Hort;
des will ich allzeit harren.“

Die Vergebung setzt die Erkenntnis von Schuld voraus. Wenn einer seine Schuld einsieht und sie vor Gott bringt, wird ihm vergeben. Wenn einer einsieht, dass er verloren ist, wird er gerettet werden. Man darf Vergebung nicht verwechseln mit Verdrängung. Echte Vergebung setzt volle Erkenntnis und Anerkennung der Schuld voraus. Da geht es nicht um Ausreden.

Paulus hat eingesehen, dass er…
… schuldig geworden ist, z.B. an den Christen.
… in seinem Leben in eine grundsätzlich verkehrte Richtung unterwegs war.
… nur durch Christus zu Gott kommen kann.

Ihm ist vergeben worden. Jesus Christus ist in die Welt gekommen, um die Sünder zu retten. Paulus ist einer dieser Sünder gewesen.

Ist nun Jesus Christus gekommen, um mich zu retten? Bin ich so verloren, dass ich Rettung brauche? Habe ich so viel gesündigt, dass ich die Vergebung brauche?

Die Pharisäer und die Schriftgelehrten, welche sich über die Tischgesellschaft Jesu ärgern, scheinen die Vergebung nicht zu brauchen. Aber solange sie so selbstgerecht und selbstgefällig sind, sind sie Verlorene. Die Zöllner und Sünder, mit welchen Jesus isst, die sind von Gott begnadigt und gerettet. Die Selbstgerechten aber wollen keine Begnadigung und können darum auch nicht gerettet werden.

Im Grunde ist es paradox: Diejenigen, die es aus unserer menschlichen Optik weniger nötig haben, begnadigt zu werden, finden die Gnade viel schwerer als diejenigen, die viel sichtbare Schuld auf sich geladen haben.

Jesus reicht den Sündern die Hand, um sie aus dem Sumpf zu ziehen. Zu welchen gehöre ich selbst? Gehöre ich zu den Selbstgerechten, die weiter versumpfen in ihrer Selbstgerechtigkeit oder gehöre ich zu denen, die die Vergebung annehmen?

Und was hat das für Folgen im Alltag, wenn ich in der Vergebung lebe? Wie verhalte ich mich, wenn mir bewusst ist: Mir wurde vergeben, mein Leben wurde auf die richtige Schiene gesetzt – ohne dass ich es verdient hätte?

Paulus schreibt, sein neuer Herr, Jesus Christus, habe ihn „in seinen Dienst gestellt.“ Er steht fortan seinem neuen Chef zur Verfügung. Er dient ihm.

Das gilt genauso für uns heutige Christinnen und Christen. Wir richten uns aus nach unserem Herrn. Wir lesen über ihn: Wie hat er gesprochen? Wie hat er sich verhalten? Wie hat er gebetet?

Paulus versichert uns: „Zuverlässig ist das Wort und würdig, vorbehaltlos angenommen zu werden: …“

„Das Wort“ hat eine doppelte Bedeutung:

Zuerst ist es das Wort der Bibel. Dieses ist zuverlässig. Die Bibel gibt uns verlässliche Auskunft darüber, wer unser Gott ist und was er von uns will. Die Bibel ist nicht in dem Sinn zuverlässig, dass sie bis auf den letzten Buchstaben wörtlich stimmt. Sie berichtet von Erfahrungen, die Menschen mit unserem Gott gemacht haben und diese für die Nachwelt, für uns, niedergeschrieben haben.

Es gibt viele Stimmen, die das Wort der Bibel mies machen wollen. Beim Abschreiben der Bibel sei dazu erfunden und weggelassen worden. Das ist nachweislich falsch. Die Bibel wurde extrem treu überliefert.

Es ist äußerst schade, wenn jemand sich wegen solcher Vorurteile gar nicht mit der Bibel beschäftigt, dann sie übermittelt uns das Entscheidende zum Leben. Es ist das Medium, durch das wir den dreieinen Gott kennenlernen können.

„Das Wort“ hat eine zweite, gerade für unseren Glauben entscheidende Bedeutung. Jesus Christus wird als „das Wort“ bezeichnet. Es geht in unserem Glauben zentral um eine Person, um IHN. Es geht nicht in erster Linie um Dogmen, um das Rechthaben, um Buchstabenwahrheit.

Die Mitte unseres Glaubens ist die Beziehung zu IHM, zum von den Toten auferstandenen Jesus Christus.

ER ist der Weg, die Wahrheit und das Leben – das ewige Leben.

Was ist aber „das Wort“ letztlich? Die Fortsetzung zeigt es: „Christus Jesus ist in die Welt gekommen, um Sünder zu retten.“

Unser heutiger Abschnitt endet mit einem Lobpreis Gottes: „Ehre und Herrlichkeit sei dem König der Ewigkeit, dem unvergänglichen, unsichtbaren und einzigen Gott, in alle Ewigkeit, Amen.“

Wir verstehen vieles nicht, was uns im Leben widerfährt. Wir durchleben Phasen von physischen und psychischen Schmerzen, wir kennen Zeiten der Glaubenszweifel.

„Es gibt Menschen, für die kann Glauben nur bedeuten, zu akzeptieren, dass Zweifel ein Teil ihres Glaubens sind. Man kann an Gott zweifeln und ihn dennoch lieben. Da will der Glaube ein gelebtes Dennoch sein, und der Glaube wird als eine Entscheidung gelebt. Da ist die Liebe wie die wärmende Sonne, die den Frühnebel der Zweifel verdampfen lässt. Es ist in diesen Phasen wie Carl Friedrich von Weizsäcker (1912 bis 2007, Physiker, Philosoph und Friedensforscher ) sagte: ‚Glauben heißt, so leben, wie man lebt, wenn das wahr ist, was man glaubt.‘ Wir sollten in diesen schmerzhaften Zeiten in dem Wissen getröstet sein, dass wir unsere Zweifel nicht überwinden müssen, um an Gott zu glauben. … es gibt einen Glauben durch alle Zweifel hindurch. … Auch im Tal der Todesschatten wird Gott bei uns sein. Er wird den Weg mit uns gehen. Wir werden durch das Unbeantwortete hindurch doch getröstet sein. Wir werden die Fragen nicht lösen. … Denn am Ende wird nicht die Lösung, sondern der Lobpreis sein.“ (Aus „Der Klang – von unerhörten Sinn des Lebens“, Martin Schleske, Kösel, 8. Auflage 2014, S. 243)

Wenn wir dermaleinst bei Gott im Himmel sind, werden wir ihm vielleicht die vielen unbeantworteten Fragen, die uns heute umtreiben, gar nicht mehr stellen wollen, weil sie nicht mehr relevant sind. Was wir hingegen mit Sicherheit tun werden: IHN lobpreisen!

„Ehre und Herrlichkeit sei dem König der Ewigkeit, dem unvergänglichen, unsichtbaren und einzigen Gott, in alle Ewigkeit, Amen.“

Autor: Nussbaumer, Alex


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Der Herr ist mein Hirte

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Liebe Gemeinde,

ein kleiner Berliner Steppke fragt eines Tages eine feine Dame nach dem Kurfürstendamm. Die vornehme Frau schaut den kleinen Jungen durchdringend an und sagt: „Junge, wenn du mich was fragst, dann nimm erst mal die Hände aus der Tasche, zieh die Mütze vom Kopf, putz, dir anständig die Nase, mach eine Verbeugung und sag ‚Gnädige Frau' zu mir!" Darauf antwortet der Junge: „Det ist mir vill zu ville, da verloof ick mir lieba!"

Ist uns die Suche nach Gott auch zu anstrengend?

Gott dagegen stellt an uns keine Bedingungen. Es ist sogar umgekehrt: Er  sucht uns, wie der heutige Text zeigt:

„1 Viele Zolleinnehmer und andere verrufene Leute kamen immer wieder zu Jesus, um ihn zu hören.
2 Die Pharisäer und Schriftgelehrten ärgerten sich und schimpften: "Mit welchem Gesindel gibt der sich da ab! Er setzt sich sogar mit ihnen an einen Tisch!"
3 Da erzählte Jesus ihnen ein Gleichnis:
4 "Wenn ein Mensch hundert Schafe hat und eins geht verloren, was wird er tun? Lässt er nicht die neunundneunzig in der Wüste zurück, um das verlorene Schaf so lange zu suchen, bis er es gefunden hat?
5 Dann wird er es glücklich auf seinen Schultern nach Hause tragen
6 und seinen Freunden und Nachbarn zurufen: 'Kommt her, freut euch mit mir, ich habe mein Schaf wiedergefunden!'
7 Ich sage euch: So wird man sich auch im Himmel freuen über einen Sünder, der zu Gott umkehrt - mehr als über neunundneunzig andere, die nach Gottes Willen leben und nicht zu ihm umkehren müssen.“
Lukas 15, 1-7

Wenn ich diese Geschichte lese, steigen Bilder in mir auf, die den guten Hirten mit einem Lämmchen auf den Schultern in friedevoller Stimmung zeigen. Wenn ich mich jedoch in die tatsächliche Situation der Geschichte begebe, sieht das Schaf ganz anders aus:

Das Schaf ist stundenlang umhergeirrt uns hat die Herde mit Hirten gesucht. Das Fell ist verfilzt, weil es sich im Unterholz und in den Dornen verfangen hat. Es ist gestolpert, hat sich den Fuß verstaucht. Es trieft vor Angstschweiß und es hat hinter sich gelassen, und nun sitzt es mitten drin. Das duftet auf jeden Fall nicht gut, aber der gute Hirte nimmt es trotzdem auf den Rücken und trägt es heim. Und dass es viel realistischer ist, ist mir auch lieber so, denn darin kann ich mich viel besser wiederfinden.

Wie oft habe ich was gesucht oder versucht, und statt mich an den Hirten zu wenden, habe ich es selber versucht, bin nur weiter weg vom Ziel gekommen – es fällt mir manchmal schwer zu sagen: Jesus hilf mir!

Im Unterholz und in den Dornen gefangen – das sind meine Lieblingssünden, die Trampelpfade, bei denen ich Gott immer wieder bitten muss: Lass mich neue, gute Wege finden!

Verletzt sein, von dem was andere über mich und zu mir sagen, das ist nicht schwer. Viel schwieriger ist es, den anderen zu vergeben und zu beten: Vergib mir meine Schuld, wie ich dem oder der vergebe, die mit schuldig geworden ist.

Angst haben vor Situationen und Ereignissen – jeder hat das schon einmal erlebt. Hier hilft das Wissen, dass ich in der Hand des guten Hirten, in Gottes Hand geborgen bin und er mich in meiner Angst tröstet.

In der Patsche sitzen, keinen Ausweg mehr wissen, ist keine gute Erfahrung. Hier hilft das Gebet: Herr gib mir die Kraft, Hilfe von außen anzunehmen!

Der gute Hirte, der sich um jedes einzelne Schaf, jeden einzelnen Menschen sorgt, ist ein Bild, das wir aus Psalm 23 "Der Herr ist mein Hirte" gut kennen. In unserer Deutung des Gleichnisses können wir den guten Hirten mit Gott gleichsetzen. Oder wir machen es wie Johannes in seinem Evangelium und reden von Jesus selber als dem Guten Hirten.

Das Motiv des Suchens und Wiederfindens wird hier ganz deutlich. Die Aktivität geht nicht vom Gesuchten sondern von Gott aus. Das wurde von Luther und anderen Reformatoren wiederentdeckt, denen es wichtig war, dass nicht der Mensch, sondern Gott bei der Rechtfertigung und Erlösung der Handelnde ist.

Doch eines können wir machen, und es gibt bis heute Menschen, die machen das mit Perfektion: sich vor Gott verstecken. Das geht auf unterschiedliche Weise:

Gott leugnen – das können wir aktiv oder passiv
Aktiv nach dem Motto: an was ich nicht glaube, das gibt es nicht.
Passiv nach der Devise: ich lebe so, wie wenn es Gott nicht gibt.

Gott sucht auch solche Menschen, es ist nur viel schwieriger für ihn, weil sie gar nicht damit rechnen, dass er kommt, aber er will kommen.

Verstecken können sich Menschen vor Gott, wenn sie seine guten Hinweise mit Füßen treten
Gott ist ein Gott des Lebens. Ob wir das ernst nehmen, sehen wir, ob wir das ungeborene Leben achten oder am Ende des Lebens nicht selber Hand anlegen sondern ihn über das Ende entscheiden lassen.

Gott ist ein Gott, der echte, erfüllende Beziehung möchte. Er hat den Menschen als Mann und Frau geschaffen und uns die Ehe als seine gute Gabe gegeben. Er lässt uns Menschen Freiheit und zwingt uns zu nichts, auch nicht dazu, dass wir uns von ihm finden lassen.

Dass sich nicht alle von Gott suchen lassen, soll uns nicht abhalten, uns über jeden zu freuen, der gefunden ist oder wird. "Kommt her, freut euch mit" – das wollen wir, wenn Menschen zu Jesus finden. Das beginnt damit, dass wir Gäste, die in den Gottesdienst oder andere Veranstaltungen kommen, wahrnehmen und ansprechen und uns von Herzen freuen, dass sie kommen. Lasst uns mit dieser Offenheit auf Neue zugehen.

Und so freue ich mich, dass wir heute Emely Sophie taufen und ihre Familie bei uns begrüßen dürfen. Schön, dass ihr da seid. Sophie ist die Weise und die Kluge. Und so passt der Taufspruch zu ihrem Namen:
„In Jesus Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis.“ Kolosser 2,3

Ein Grund für diesen Schatz liegt darin, dass Jesus der gute Hirte ist. Und wir sind klug, wenn wir diesen Hirten zu unserem Hirten machen, wenn wir sagen:
"Der Herr ist mein Hirte."

Es sind nur fünf Worte, für jeden Finger an deiner Hand ein Wort. Schaut eure Hand an! Fünf Finger habt ihr, nicht wahr?
Fasse nun den linken Daumen mit deiner rechten Hand und sage: DER
Halte jetzt den Zeigefinger fest und sage: HERR
Dann den Mittelfinger: IST
Nun den Ringfinger: MEIN
Und zum Schluss den kleinen Finger: HIRTE!

Das wichtigste Wort hier ist MEIN, dass der gute Hirte zu meinem Hirten wird. Das trägt uns dann im Leben und im Sterben.

Henry war ein Sohn eines Bergbauern und lebte mit seinen Eltern auf einer Alm in den Bergen. Sein Vater erzählte ihm von dem guten Hirten und brachte ihm diese kleine Merkhilfe zu „Der Herr ist mein Hirte“ bei.
Als Henry eines mittags aus der Schule nach Hause kam, wartete sein Vater schon auf ihn. „Henry, Mutter ist krank", sprach der Vater. „Der Arzt hat ein Rezept geschrieben, und die Arznei muss sofort geholt werden. Willst du gleich losgehen? Dann kannst du in einer Stunde wieder hier sein. Ich bleibe bei Mutter."
Henry war gehorsam und lief ins Nachbardorf zur Apotheke.
Nachdem er die Arznei erhalten hatte, machte er sich sofort auf den Heimweg. Es fing schon an, dunkel zu werden. Plötzlich hörte Henry ein donnerndes Geräusch, wie von einem Gewitter. Aber es war kein Gewitter - es war eine Lawine. Schnell wegrennen, dachte er. Doch es war zu spät.
Die Lawine holte ihn ein, überrollte ihn und begrub ihn unter einem großen Schneeberg.
Der Vater wartete unruhig. Er und die Leute im Dorf hatten das Geräusch gehört. Ob Menschen verunglückt waren? Wo blieb Henry? In der Apotheke wurde angerufen. Aber dort sagte man, Henry sei schon da gewesen und hätte sich wieder auf den Heimweg gemacht.
Was sollte geschehen? Die Bauern zogen los, um Henry zu suchen. Stundenlang gruben sie im Schnee, angetrieben von furchtbarer Ungewissheit. Würden sie den Jungen finden? Ob er noch lebte? Endlich entdeckten sie ihn. Da lag er. Kalt. Tot. Wie furchtbar! Welch ein Schmerz für seine Eltern.
Da lag Henry. Mit einer Hand hatte er den vierten Finger der anderen Hand umklammert. Der Vater verstand sofort, was das zu bedeuten hatte. Henry hatte seinen Eltern erzählt, dass der Herr Jesus sein guter Hirte geworden sei. Sein Vater konnte sich denken, dass Henry die große Gefahr, die Lawine, hatte kommen sehen und nicht mehr fliehen konnte. Als er wusste, dass er sterben musste, hatte er an den Herrn Jesus gedacht, seinen Freund, der ihn auch jetzt nicht verlassen würde. Henry dachte an das Wort „MEIN" und hatte seinen vierten Finger gegriffen und festgehalten. So war er gefunden worden. Henry hatte ganz sicher gewusst: „Jesus ist mein Hirte."

Seine Eltern wussten ebenso sicher: Henry ist zwar gestorben, aber er ist bei dem Herrn Jesus im Himmel, selbst wenn wir seinen Leib begraben müssen. Der Schmerz um ihren Jungen war groß. Aber sie trösteten sich in der Gewissheit, dass Henry bei dem Herrn Jesus war.

Ist uns die Suche nach Gott auch zu anstrengend?

Gott dagegen stellt uns keine Bedingungen. Wir dürfen zu ihm kommen, wie wir sind, wer wir sind, woher wir sind. Jeder ist eingeladen. Jeder darf sich finden lassen. Alle nimmt der gute Hirte an, die sich aufmachen, ihn fragen, bitten und etwas von ihm erwarten. Seine Liebe ist bedingungslos und grenzenlos, vorbehaltlos und maßlos, restlos, aber nicht absichtslos und erst recht nicht folgenlos.

Gottes Liebe ist eine echte Vorliebe, aber sie möchte Folgen haben und zielt deswegen darauf, dass wir ihm nachfolgen. Lasst uns auch zu Gott sagen: Der Herr ist mein Hirte!
Amen.

Autor: Krust, Ralf


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Gegen uns, in uns, mit uns

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Guten Morgen, herzlich willkommen, schön, dass Sie sich heute Morgen aufgemacht haben zu diesem besonderen Gottesdienst in die Darmsheimer Pelagiuskirche. Ich gratuliere Ihnen, denn Sie haben heute Morgen eine gute Entscheidung getroffen, ganz offenbar den Zweikampf mit der Bettdecke gewonnen und Sie sind hierhergekommen. Denn Sie dürfen Großes und Gutes hier erwarten.

Dass man mich ausgerechnet eingeladen hat, einen solch hochkarätigen musikalischen Gottesdienst zu leiten und die Predigt heute zu halten, finde ich ein großes Zeichen gnädiger Denkweise hier in Darmsheim. Denn mein musikalisches Können ist sehr bescheiden. Nachdem ich viele diesbezügliche Talente unter meinen Kindern ausgeteilt habe, blieb für mich kaum noch was zurück. Da meine Frau und ich fünf Töchter haben und – damit es nicht so einseitig ist – auch fünf Söhne, ist das sicherlich verständlich; bis da alle etwas hatten...

Ich darf mich vorstellen: Mein Name ist Hartmut Steeb, ich bin geborener Stuttgarter und habe dort die letzten 62 Jahre gelebt – zunächst ca. 40 Wochen in der geborgenen Atmosphäre als Insider in meiner Mutter und dann auch nach der Geburt als Outsider, mit meinen Eltern und fünf älteren Geschwister und jetzt mit der eigenen Familie. Ich habe nach meiner Verwaltungsausbildung 14 Jahre im Evangelischen Oberkirchenrat gedient. 1988 wurde ich von dort für einige Jahre beurlaubt, um den Dienst des Generalsekretärs der Deutschen Evangelischen Allianz auszuüben. Aber weil es so schön ist, bin ich im Urlaub geblieben. Wenn Sie also wissen wollen, wie es jemanden geht, der seit 27 Jahren Urlaub macht: schaut her!

Aber nun zu unserem Gottesdienst. Der Greifswalder Universitätsprofessor Michael Herbst hat einmal gesagt, dass es nicht nur 10 Gebote gebe, sondern ein 11. Gebot. Das sei für die Prediger bestimmt und lautet: „Du sollst nicht langweilig predigen“. Aber ich füge hinzu: Es gibt noch ein 12. Gebot und das ist für die Gottesdienstteilnehmer bestimmt: „Du sollst nicht erwartungslos in den Gottesdienst gehen!“
Ja, klar, Sie sind ja gekommen. Wir dürfen großartige Musik erwarten. Aber erwarten Sie, dass Ihnen durch das Wort und das Lied, durch Gebet und Musik, der lebendige Gott selbst begegnet?

ER, der lebendige Herr möchte Ihnen ganz persönlich begegnen, mit Ihnen reden. Nehmen Sie es mir nicht übel: Aber ich möchte nicht weniger, als dass keiner hier unter uns nach dem Gottesdienst wieder einfach so nach Hause geht, wie er gekommen ist. Ich wünsche Ihnen eine Gottesbegegnung. Und darum feiern wir diesen Gottesdienst ganz bewusst im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen!

Wir strecken uns aus nach dem lebendigen Gott

„Auf dass Ihr klug werdet“ ist das Motto des Kirchentags, der dieses Jahr in Stuttgart stattfindet. Schade, dass man den Kontext dieses biblischen Wortes aus Psalm 90 weggelassen hat. Klar, der Satzbeginn ist nicht besonders werbeträchtig und ein Motto muss ja eindrücklich sein. Aber gerade angesichts des öffentlichen Sterbens um uns her – der überraschende Tod von weit mehr als 8000 bei den Erdbeben in Nepal, der grausame Tod auf den als Rettungsfahrten angesetzten Flüchtlingsschiffen, das Sterben von unbedarften Flugpassagieren, die sich ohne Vorahnung ins sicherste Verkehrsmittel setzen, das Flugzeug, und dazu noch innerhalb Europas, der Tod von unzähligen Christen, die von blindwütigen Terroristen hingemordet werden – gerade angesichts des öffentlichen Sterbens ist der Kontext so bedeutend: „Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, damit wir klug werden.“

Mitten im Alltag der Freuden und des unbeschwerten Feierns sollen wir uns dessen bewusst werden und bewusst bleiben – und mitten im Alltag aller Grausamkeiten und Entsetzlichkeiten sollen wir wissen, wie wir unser Leben klug gestalten, damit wir auch auf den Tod vorbereitet sind.

Und natürlich meint der Psalmist, dass man dann ein Leben klug gestaltet, wenn es mit Gott gestaltet ist. Und da hat er auch Recht. Wir modernen Menschen fragen vielleicht weniger nach solcher Klugheit sondern ganz unbescheiden danach: Was hat man denn von einem Leben mit Gott? Lohnt es sich, mit ihm unterwegs zu sein? Klug zu sein, bedeutet jedenfalls die Frage nach dem Erfolg, nach dem Glücklichsein nicht nur an kurzfristigen Erlebnissen auszurichten sondern langfristig zu denken.

„Nachhaltigkeit“ ist ja ein großes Schlagwort unserer Tage. Aber wir sollten nachhaltig nicht nur denken, wenn es um den Papierverbrauch, die Tetrapacks und die Flaschen geht sondern vielmehr, wenn es um unser reales Leben selbst geht. Denn ob es uns schon morgen – menschlich gesprochen – gut geht, wenn wir heute mit Gott leben, ist uns nicht versprochen. Jesus hat uns nicht ein cooles Leben versprochen, immer auf der Sonnenseite des Lebens, vom Erfolg und Gelingen verwöhnt. Und es ist wichtig, dass wir Menschen auch nichts Falsches versprechen, wenn wir sie zu einem Leben mit Gott einladen.

Aber hören wir selbst hinein ins Kapitel 15 und 16 des Johannesevangeliums, das uns für den heutigen Sonntag Exaudi von der Kirchenleitung als Predigttext vorgeschlagen ist - Johannes 15, 26 bis 16,4. Dort steht:

„Wenn aber der Tröster kommen wird, den ich euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird Zeugnis geben von mir. Und auch ihr seid meine Zeugen, denn ihr seid von Anfang an bei mir gewesen.
Das habe ich zu euch geredet, damit ihr nicht abfallt. Sie werden euch aus der Synagoge ausstoßen. Es kommt aber die Zeit, dass, wer euch tötet, meinen wird, er tue Gott einen Dienst damit. Und das werden sie darum tun, weil sie weder meinen Vater noch mich erkennen. Aber dies habe ich zu euch geredet, damit, wenn ihre Stunde kommen wird, ihr daran denkt, dass ich‘s euch gesagt habe. Zu Anfang aber habe ich es euch nicht gesagt, denn ich war bei euch.“

Liebe Schwestern und Brüder, diese Worte von Jesus sind nicht vergnügungssteuerpflichtig. Da findet sich harter Tobak. Aber auch ein klares Wort des Trostes.

Dreierlei möchte ich an diesem Text unterstreichen. Sie können es ganz einfach mitnehmen:

Gegen uns - In uns - Mit uns  

1.    Gegen uns

Inzwischen ist es auch in den oberen Etagen der Politik angekommen und die Presse verschweigt es nicht mehr. Die am meisten verfolgte religiöse Gruppe in unseren Tagen sind die Christen. Während wir heute hier in Freiheit und im Frieden Gottesdienst feiern können, wissen unsere Glaubensgeschwister in vielen Ländern der Welt nicht, ob sie, wenn sie zum Gottesdienst gehen, wieder lebend nach Hause kommen, ob in Pakistan oder in Nigeria. Und in Nordkorea brauchen sie viel Kreativität, um überhaupt mit anderen Christen gemeinsam Glauben bekennen und leben zu können. Wenn sie entdeckt werden, droht Einweisung ins Straflager, Folter, Zwangsarbeit und Tod. Denn leider sind die KZ’s, deren Befreiung vor 70 Jahren wir in Deutschland feiern können, in anderen Ländern voll in Takt, mit keinem Deut mehr Menschlichkeit versehen als damals. Darüber kann man wirklich zutiefst erschrecken! Denn hat jemals ein Staat und eine Gesellschaft auch nur irgendeinen Nutzen davon gehabt, wenn sie Christen jagt, verfolgt, inhaftiert, umbringt. Rational kann man das nicht erfassen. Aber so ist es!

Und Jesus hat seinen Leuten keine Unklarheit gelassen: Nur wenige Verse vor unserem heutigen Text steht:
„Wenn euch die Welt hasst, so wisst, dass sie mich vor euch gehasst hat“ (Vers 18) und in Vers 20: „Der Knecht ist nicht größer als sein Herr. Haben sie mich verfolgt, so werden sie euch auch verfolgen.“
Und an anderer Stelle sagt Jesus: „Siehe ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe“.

Ich weiß nicht, ob Sie das so richtig hören können: Wie Schafe unter die Wölfe! Irgendwie habe ich das immer etwas anderes gehört: Hier ist die Schafherde und jetzt kommen einige Wölfe rein!

Das erinnert mich immer an unsere Familienurlaubsgeschichte in Schweden. Wir waren mitten im Waldgebiet unterwegs. In der Gegend riss ein Bär Tiere. Was tun, wenn er jetzt auf uns zukommt? Der Familienrat war sich schnell einig: Dann wirft sich der Vater ihm hin. Da hat er lange zu nagen und zu kauen. Bis dahin können sich die Mutter und die Kinder in Sicherheit bringen. Wie Sie sehen: Der Bär kam nicht!

Wenn Wölfe in eine Schafherde eindringen, dann gibt es für die Klugen, Schnellen, Geschickten noch eine geringe Überlebenschance. Aber hier steht: Dass wir Schafe in eine Wolfsherde geschickt werden. Menschliche Überlebenschance, wenn die Viecher Hunger haben, null! Damit hat Jesus deutlich gemacht: Verfolgung ist nichts Ungewöhnliches für Christen; es ist der absolute Normalfall. Unnormal ist, dass wir so lange so unbeschwert in so großer Freiheit unser Christsein leben konnten und können.
Gewiss haben Sie schon mal das Wort des alten Kirchenvaters Tertullian gehört, der gesagt hat: „Das Blut der Märtyrer ist der Same der Kirche“. Kann man sich dann trösten, dass Verfolgung dazu führt, dass die Gemeinde Jesu wächst? Das geschieht – an manchen Orten und zu manchen Zeiten. Sollten wir uns dann geradezu Verfolgung wünschen? Aber wenn wir nach Kleinasien schauen, die heutige Türkei, in den gebeutelten Irak, in die Länder Nordafrikas – dann kann man das beileibe nicht immer so sehen. Nein, die Verfolgung kann auch dazu führen, dass Christen geradezu ausradiert werden. Also, wir dürfen weit davon entfernt bleiben, Verfolgung geradezu zu glorifizieren.

Einer unserer weltweiten Religionsfreiheitsexperten, der Schwede Johann Candelin, hat darauf hingewiesen, dass es nicht selten auch umgekehrt ist: Nicht, wo die Gemeinde Jesu verfolgt wird, wächst sie; sondern „Wo die Gemeinde Jesu wächst, wird sie verfolgt“.

Das macht mich mindestens sehr nachdenklich: Könnte es sein, dass unsere Freiheit auch damit zu tun hat, dass wir Christen so wenig entschlossen sind, so lau, so wenig herausfordernd für die anderen? Dass deshalb die Gemeinde Jesu nicht wächst, zu wenig attraktiv ist, aber deshalb auch ungestört so kulturmäßig dahin leben kann?
Wir leben in großer Freiheit unseres Glaubens und es gibt natürlich auch die Situation, dass Christen öffentlich anerkannt werden. Auch in der Apostelgeschichte gab es diese beiden Seiten sehr deutlich: Am Ende des Pfingstgeschichte, in Apostelgeschichte 2, 47, steht, dass die Gemeinde „Wohlwollen beim ganzen Volk“ hatte. Aber bald danach brach die Verfolgung los.

Am stärksten empfinde ich dieses Wechselbad der Gefühle aber in Apostelgeschichte 14 dargestellt. Kennen Sie die Geschichte? Paulus und Barnabas waren in Lystra unterwegs. Dort geschah das Heiligungswunder an einem Gelähmten. Die Leute waren grenzenlos begeistert. Sie haben Paulus und Barnabas als in die Welt gekommene Götter angesehen und wollten ihnen sogar opfern! Also, das Bundesverdienstkreuz ist nichts dagegen. Als Paulus das mitbekommen hat, hat er alle Hände voll zu tun, um diesen Unsinn abzuwehren. Die höchste Ehre hätte er bekommen können, die einem Menschen normalerweise nie zu Teil wird, als Gott verehrt!

Aber dann wird uns berichtet, dass aus der Nachbarschaft ein Mobb angereist kam, der Paulus hart verklagte. Und die Menge, die eben noch die großen Fans waren, steinigen Paulus. So schnell kann es gehen und sich das Rad wenden. Darum ist es so wichtig, dass wir unseren Glauben nicht von den äußeren Bedingungen abhängig machen.

Die Begeisterung kann schneller vergehen, wie das Eis schmilzt. Und darum ist so wichtig, dass wir uns nicht von Menschen abhängig machen. Ob sie uns zustimmen oder ablehnen ist nicht wichtig und sagt nichts über die Wahrheit und Richtigkeit unseres Glaubens und unserer Weges. Und darum werbe ich dafür, dass wir nicht schreckhaft zurückweichen, wenn auch bei uns die Situation schwerer wird, wir mitunter für unsere Positionen gebrandmarkt werden und an den Rand gedrückt.

2.    In uns

Eine Bekannte in reifem Alter – sie hat noch 10 Jahre Vorsprung vor mir – erzählte mir, wie sie früher auf der Schwäbischen Alb am Jahresanfang durchs Dorf gezogen seien und den Menschen ein gutes Neues Jahr wünschten.
„A guets neus Johr, de xonde Leib, de Friede, de Sege ond de Heilige Geischt“ (Für die nicht Schwäbisch verstehenden, falls es solche unter uns gibt: Ein gutes Neues Jahr, einen gesunden Leib, Frieden, Segen und den Heiligen Geist). Sie habe zwar gar nicht gewusst, was der „Heilige Geischt“ sei, aber so habe man es gesagt. Und ich denke: Ja, das ist ein Problem. Abgesehen davon, dass wir uns schon gegenseitig kaum mehr den Heiligen Geist wünschen – wissen wir, was der Heilige Geist ist?

Das Pfingstfest steht uns ja noch bevor, aber hier in unserem Text kündigt Jesus den Heiligen Geist an: „Wenn aber der Tröster kommen wird, den ich euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht“.

Was hier so fast kleinlaut steht, enthält doch eine klare Botschaft: Ihr steht in dieser großen Herausforderung mit eurem Glauben in dieser Welt nicht allein. Gott wird seinen Heiligen Geist senden und wie es dann Lukas in der Apostelgeschichte weiter ausführt: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und werdet meine Zeugen sein!“

Aber wer ist nun der Geist Gottes?

Einer der zentralen Verse steht in Johannes 14,23. Dort sagt Jesus von seiner Zeit nach dem Leben auf dieser Erde und seiner Himmelfahrt: „…Wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen“. „Wir“ – das ist der dreieinige Gott, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Wir brauchen diese Erkenntnis, diese Lehre vom dreieinigen Gott, damit wir es verstehen können:

- Gott, der Vater:
der diese ganze Welt geschaffen hat: Der ewig-reiche Gott, Schöpfer Himmels und der Erde

- Gott, der Sohn:
durch den Gott diese Welt geschaffen hat, der in diese Welt kam, der für unser Sünde und Schuld sein Leben gelassen hat, damit wir leben können, der auferstanden ist und der wiederkommen wird, am Ende der Zeiten

- Gott, der Heilige Geist:
Das ist Gott in uns. Ja, nicht weniger: Der lebendige Gott will in uns Wohnung machen.

Wir können uns das gar nicht genug plastisch vorstellen. Ist Ihnen bewusst, dass wir es besser haben als Adam und Eva? Von denen kann man ja aus der Schöpfungsgeschichte entnehmen, dass sie sozusagen mit Gott immer wieder direkt geredet haben, so nach Feierabend einen gemeinsam Spaziergang im Paradies. Ist Ihnen bewusst, dass wir es besser haben als die Jünger zur Zeit von Jesus? Die haben Lebensgemeinschaft mit ihm gehabt, ja. Sie sind mit ihm durch die Gegend gezogen. Sie haben viel gemeinsam erlebt.
Aber wir dürfen Gott nicht nur nahe sein in der Stillen Zeit mit Gott, beim abendlichen ruhigen Spaziergang. Wir dürfen Jesus nicht nur durch sein Leben begleiten, ihn beobachten, von ihm lernen. Durch Gottes Geist, so sagt es uns das Wort, nimmt Gott selbst, Wohnung in uns. Das ist der große Tröster: Der lebendige dreieinige Gott nimmt durch seinen Heiligen Geist Wohnung in uns. Wir tragen ihn in uns.

Ich wünsche mir, dass Christen das neu begreifen! Darf ich das mit einem Beispiel noch mal deutlich machen?
Wir Schwaben sind ja gastfreundliche Leute. So sagen wir: „d’Gäst send scho recht, so lang se d’Schuh net rausdönt.“ Auf Hochdeutsch würde das heißen: „Gäste sind schön, wenn sie auch wieder gehn.“

Kennen Sie das Tischgebet „Komm Herr Jesu, sei du unser Gast“? Liebe Freunde, ich will Ihnen sagen: Jesus gibt sich mit der Gastrolle nicht zufrieden. Er will nicht nur für die Garnierung unseres Lebens für ein paar besondere Stunden, vielleicht für die Sonntage, zuständig sein. Er möchte die Wohnungsschlüssel haben, unser Herr sein und unser Leiter und unser ständiger Begleiter.
Und darum

3.    Mit uns

Gottes Geist ist immer bei uns. Und das heißt: Gott ist immer mit uns! Er ist da! Wir dürfen immer bei ihm sein, jeden Tag, jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde. Wir gehören schon heute ganz zu Gott. Und darum dürfen wir aus seiner Kraft heraus leben.

Ich werde zur Zeit bei meinen Reisen im ganzen Land oft gefragt, wie es denn mit meiner Liebe zum VFB Stuttgart bestellt ist, ob ich VFB-Fan bin. Die Fragen treffen mich nicht so ganz. Aber es ist ja nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig, derzeit dazu zu stehen. Nach einem tollen Sieg geht die Zitterpartie ja noch ein bisschen weiter. Denn wer ist nicht gerne nach einem Wettkampf bei den Siegern? Wer ist nicht gerne Fan derer, die gewinnen? Wer gibt sich schon freiwillig auf die Verliererstraße?

Ich möchte unser Augenmerk noch lenken auf die Grundhaltung in unserem Text. Denn wir haben es hier mit harten und glasklaren Worten im Blick auf die Verfolgung zu tun. Wir haben es aber auch mit der großartigen Verheißung des Heiligen Geistes zu tun, Gott in uns. Und wir haben es vor allem mit der ganz nüchternen Einschätzung der Wirklichkeit zu tun. Wer mit Gott lebt, sieht klar und sieht über den Augenblick hinaus. Gottes Geist öffnet uns den Blick für seine Wahrheit und er schenkt uns einen ganz festen Grund unter den Füßen:

„Aber dies habe ich zu euch geredet, damit, wenn die Stunde kommen wird, ihr daran denkt, dass ich’s euch gesagt habe.“

Mit anderen Worten: Auf Gottes Wort ist absoluten Verlass. Es lohnt sich ihm und seinem Wort zu vertrauen.

Am Himmelfahrtsfest hatte ich den Text aus Lukas 24 auszulegen. Dort hat Jesus am Ende seines irdischen Lebens noch mal klar gesagt:
„Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben ist im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen.“

Ist das nicht großartig, dass wir sehen können, wie die Verheißungen des Alten Testaments sich in Jesus, im Neuen Testament erfüllen? Wer das Alte mit den Augen des Neuen liest, kommt nicht aus dem Staunen raus.
Lasst uns doch neu dem glauben, was uns Gottes Wort sagt. Und dabei hilft uns dann vielleicht Mark Twain mit seiner Erkenntnis: „Nicht die Stellen, die ich nicht verstehe, machen mir Sorgen sondern jene, die ich verstehe.“
Wir sind nicht die Herren des Wortes – das Wort muss sich nicht uns beweisen. Wir sind nicht die Korrekturmeister des Wortes, wir sollen nicht das Wort korrigieren sondern das Wort korrigiert uns.

Sein Wort lädt uns darum auch dazu ein, schon heute die wahren Machtverhältnisse zu akzeptieren und sich auf die Seite Gottes zu schlagen. In dem wunderbaren Christushymnus in Philipper 2 heißt es:

„Darum hat ihn auch Gott erhöht und hat ihm den Namen gegeben, der über alle Namen ist, dass in den Namen Jesus sich beugen sollen alle Knie, derer die im Himmel und auf der Erde und unter der Erde sind und alle Zungen bekennen sollen, dass ER der Herr ist.“

Es ist nicht dumm, nicht hinterwäldlerisch, nicht rückständig, wenn man sich schon heute auf die Seite des Herrn aller Herren und König aller Könige stellt. Es ist ein Zeichen der Klugheit, sich schon heute dem anzuvertrauen, der am Ende allein das Sagen hat. Mir liegt so sehr daran, dass wir kleines Häuflein der Christen eine neue frohe Siegesgewissheit ausstrahlen. Ja, wir gehören doch zum Sieger über Teufel, Tod, Welt und alle Mächte. Wir sind Teil der Siegermannschaft des lebendigen Christus. Wir gehören schon heute zur Ewigkeitstruppe unseres Gottes. Am Ende werden sich alle Knie beugen und Jesus anerkennen. Lasst uns doch unserer Zeit voraus sein und dies schon heute tun.

Auch wenn wir vor Gegenwind und im Gegenwind nicht sicher sind – wir sind als Menschen unterwegs, in denen der lebendige Gott Wohnung genommen hat und als solche, die mit IHM und seinem verlässlichen Wort unterwegs sind, nicht nur in dieser Zeit sondern auch in der Ewigkeit. Was hat man denn von einem Leben mit Gott? Alles!
Amen!

Autor: Steeb, Hartmut


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Das Label unserer Gemeinde

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Erste Christen in Antiochia

Die aber zerstreut waren wegen der Verfolgung, die sich wegen Stephanus erhob, gingen bis nach Phönizien und Zypern und Antiochia und verkündigten das Wort niemandem als allein den Juden. 20 Es waren aber einige unter ihnen, Männer aus Zypern und Kyrene, die kamen nach Antiochia und redeten auch zu den Griechen und predigten das Evangelium vom Herrn Jesus. 21 Und die Hand des Herrn war mit ihnen und eine große Zahl wurde gläubig und bekehrte sich zum Herrn. 22 Es kam aber die Kunde davon der Gemeinde von Jerusalem zu Ohren; und sie sandten Barnabas, dass er nach Antiochia ginge. 23 Als dieser dort hingekommen war und die Gnade Gottes sah, wurde er froh und ermahnte sie alle, mit festem Herzen an dem Herrn zu bleiben; 24 denn er war ein bewährter Mann, voll Heiligen Geistes und Glaubens. Und viel Volk wurde für den Herrn gewonnen. 25 Barnabas aber zog aus nach Tarsus, Saulus zu suchen. 26 Und als er ihn fand, brachte er ihn nach Antiochia. Und sie blieben ein ganzes Jahr bei der Gemeinde und lehrten viele. In Antiochia wurden die Jünger zuerst Christen genannt.
Apostelgeschichte 11,19-26

 

Label steht englisch für Markenzeichen oder Etikett. Die Jungen achten sehr darauf. Die einen hören nur CDs eines ganz bestimmten Verteilers. Andere finden es wichtig, nur Kleider oder Schuhe ihres Lieblings-Designers zu tragen. Wer dieses Label kauft und anzieht, gehört dazu. Wer nicht, ist eben out und Schnee von gestern. Label sind ein Statussymbol, auf das man stolz sein kann. Wer sich keines leisten kann, dem fehlt etwas.

Ich muss darüber gar nicht nur die Teenies oder jungen Erwachsenen anführen. Auch wir Älteren gehen wählerisch mit Marken um. Hörte ich doch kürzlich aus dem Mund eines Gemeindeglieds, dass er nur Schokolade eines bestimmten Herstellers genießt. Gut für unsere Wirtschaft, dass es ein Schweizer Produkt ist...

In Antiochien wurden die Jünger von Jesus zuerst Christen genannt. Wie kam es, dass ausgerechnet sie und nicht die Muttergemeinde Jerusalem dieses Label aufgedrückt bekamen?

Die Entstehung der Gemeinde in Antiochien

In Jerusalem war ein rauher Kälteeinbruch in den wunderbaren Frühling der Urgemeinde gefahren. Gegenwind! Verfolgung! Märtyrer! Der charismatische Leiter Stefanus zu Tode gesteinigt!

Wer sich zu Jesus bekannte, musste um sein Leben fürchten. Die Jesusjünger wurden brutal aus Jerusalem heraus katapultiert. Weil sie in der jüdischen Hauptstadt und Umgebung nicht mehr sicher waren, zogen viele weiter weg. Einige der Flüchtlinge kamen nach Antiochien, wohl in eine triste Asylunterkunft. Gejammer über ihr Schicksal? Denkste! Sie bezeugten ihren Glauben an Jesus. Leute hörten zu und waren beeindruckt. Viele bekehrten sich! Das Besondere war, dass die Neugewonnenen ohne alttestamentlichen, jüdischen Hintergrund waren. Sie hatten keine Ahnung von Gott. Ihr religiöses Wissen beschränkte sich auf verschiedene tote Götzen und deren Verehrung. Vorher war es üblich gewesen, dass man erst Jude werden musste, bevor jemand Eingang zu den Jüngern fand. Die neuen Jesusleute in Antiochien bekehrten sich ohne diesen Umweg. Sie nahmen die Abkürzung!

Die Gruppe wuchs schneeballartig. Barnabas wurde aus Jerusalem geschickt, um ihnen zu helfen. Wahrscheinlich auch, um nach dem Rechten zu sehen. Die Gemeinde wurde durch sein Wirken aufgebaut und gefestigt. So kam es, dass ihre Mitglieder „zuerst Christen genannt wurden“. Es kann zuerst gut ein Spott- oder Schimpfname gewesen sein. Wie kamen sie zu ihrem Label?

1) „Sie redeten das Wort und evangelisierten vom Herrn Jesus“

Die Bibel und das Evangelium von Jesus war ihr Thema. Nicht von Jesus als Philosoph oder Menschenfreund. Nicht von einem Revolutionär und Weltverbesserer, der von der herrschenden Clique mundtot gemacht wurde. Nicht vom historischen Jesus, um den heute leider Theologen die sonderbarsten Theorien spinnen, um ihn als einen Menschen wie andere darzustellen, oder gar als eine Sagenfigur, weil ihnen der Verstand im Weg steht, an Jesus als den Gottessohn oder auch nur an Wunder zu glauben.

Die Flüchtlinge verkündigten den Herrn Jesus. Gleich 5 Mal wiederholt Lukas das Wort Kyrios! Das heißt, sie erzählten von Bethlehem und der Menschwerdung Gottes. Vom Heiland und Retter, der aus der Ewigkeit des himmlischen Vaters zu uns kam, um die Liebe Gottes in Wort und Tat sichtbar werden zu lassen. Sie malten Jesus vor die Augen ihrer Mitmenschen als den verheißenen König, Priester und Propheten, als den, der sein Leben für uns gab am Kreuz, damit wir vor Gott gerecht dastehen können.

„Die Strafe liegt auf ihm zu unserem Frieden, und durch seine Wunden sind wir geheilt.“

Die jungen Gläubigen wurden nicht müde, von Jesus als dem gottgesandten Messias zu erzählen. Der kam, um Sünder vor der ewigen Strafe, vor dem schrecklichen Höllengericht mit seinem Todesleiden am Kreuz loszukaufen. Mit seinem eigenen Blut als Lösegeld. Darum blieb der Christusname an ihnen hängen.  

 2) „Die Hand des Herrn war mit ihnen“

Die Antiochier wurden nicht mit gescheiten Worten oder durch überzeugende Beweisführungen für Jesus gewonnen. Schlichte Berichte über den Heiland wurden beglaubigt durch Krafttaten eben dieses Herrn. Die unwissenden jungen Christen besuchten Einsame und Ausgestoßene, ließen Kranke und Sterbende nicht allein und wachten bei ihnen. Sie hielten sich nicht zu gut, ihre Hand schmutzig zu machen, um tatkräftige Hilfe zu leisten.

Barmherzigkeit war ihr Markenzeichen. Sie strahlten die Liebe ihres Meisters aus. Sie scheuten sich nicht vor der zweiten Meile, und gaben auch den Rock, wenn Bedürftige sie um ihren Mantel baten. Sie beteten mit Mutlosen. Sie richteten Verzweifelte auf mit Worten des Trostes. Ihre Weisheit traf ins Schwarze und baute auf. Die Ratsuchenden waren überzeugt, dass die seelsorgerliche Hilfe nicht nur aus menschlichem Wissen kam, sondern von oben her inspiriert war.

Es müssen nicht immer spektakuläre Wunder geschehen, bevor Menschen sich für Jesus entscheiden! Die passierten in Antiochien sicher auch, größere und auch ganz alltägliche. Menschen wurden an Leib und Seele geheilt. Von bösen Mächten Geplagte wurden befreit. Die Gläubigen wagten Schritte, und der auferstandene Herr bestätigte sie. Der Heilige Geist wirkte. Das Königreich von Jesus begann, sichtbare Tatsache zu werden.

Rechnen wir noch mit solchen Kraftwirkungen? Verstehen wir, warum den Jesusleuten von Antiochien das Messiaslabel und nicht ein anderes angehängt wurde?

3)  „Als Barnabas die Gnade Gottes sah, wurde er froh“

Sichtbar gewordene Gnade ist ein weiteres Markenzeichen für Christusleute. Wir übersehen es leider oft. In der Kunst-, Handels-, aber auch Lastermetropole des Nahen Ostens ist etwas ganz Neues geschehen. Wo man im Normalfall zuerst an sich selbst, dann aufs schnelle Geldverdienen bedacht war, wo alles ums eigene Ego kreiste und man vielleicht zuletzt dem Wohl der Seele und der Nächstenliebe noch einen flüchtigen Gedanken gab, wenn überhaupt solch eine Regung Platz fand im Trubel und Jubel der Großstadt, da begann eine erstaunliche Bewegung.

Bis vor kurzem hatte Winter geherrscht. Durch die Prachtstraßen der Großstadt pfiff ein eisiger Wind. Unbarmherzige Kälte fuhr einem durch Mark und Bein. Jetzt ist Frühling geworden! Die diakonische Saat und der Samen des Evangeliums der Flüchtlinge beginnen zu sprießen und zu blühen. Leute bekehren sich in wachsender Zahl, lassen sich taufen und werden in die Christengruppe integriert.

Das Größte daran: Die Neubekehrten hatten nie zuvor vom Schöpfergott Jahwe gehört! Sie kamen direkt aus dem finstersten Götzendienst! Geistlich Tote werden zum Leben erweckt. Verlorene finden heim, Verkrachte versöhnen sich und erleben Vergebung. Die Bibel sagt, dass im Himmel über einen einzigen Sünder gejubelt wird, der Buße tut. Solche Gnade erlebte Barnabas mehrfach. Versteht ihr, dass er und die andern Christen fast vor Freude platzten?

Ich sage aus eigener Erfahrung, nicht nur aus der Mission: Ein einziger Neubekehrter geht für eine ganze Woche Ferien. Die Freude darüber hat dieselbe Erholungswirkung!

Barnabas blieb nicht stehen bei dem, was die neuen Christen falsch machten (die handeln in ihrem Enthusiasmus öfters nicht lupenrein evangelikal) oder sich sorgten über die Gefahren, die auf sie lauerten. Er brauste nicht heran wie die fromme Feuerwehr, die löscht, wo‘s gar nicht nötig wär. Er sang ihre neuen Lieder mit und bestand nicht auf der Beibehaltung der traditionellen jüdischen Psalmodien.

Wollen wir darum bitten, dass uns in unserer Gemeinde neu die Augen aufgehen für die Gnade?

Lasst uns nicht stehen bleiben bei dem, was noch fehlt, bei den Defiziten an Mitarbeitern und Diensten. Nicht lamentieren und jammern über das, was harzig läuft, und wo wir noch nicht angelangt sind. Nicht auf das Negative fixiert bleiben, nicht wie die Maus gelähmt vor Angst auf die Schlange starren.

Augen auf für das, was der Herr geschenkt hat und neu wirkt! Wir wollen das suchen, was an Gnade sichtbar wird. Davon gibt es mehr als wir ahnen! Wir müssen uns nur den Blick und die Einstellung dafür schenken lassen und mit Auflisten beginnen! Die positive Sichtweise ist die beste Medizin gegen die Krankheit der Gemeindedepression. Sie treibt den Geist aus, der uns auf der Verliererstraße behalten möchte.

„Barnabas sah die Gnade und wurde froh.“

Wir wollen uns an ihm ein Beispiel nehmen. Ich versichere euch: statt Mutlosigkeit wird Freude herrschen. Griesgram, Mief und was uns sonst niederdrücken will, muss weichen, weil Christus den Bösen besiegt hat.

4) „Barnabas zog aus, um Saulus zu suchen“

Voll Freude kniete sich Barnabas hinein in die Aufgabe der Förderung und Ermutigung. Das entsprach seiner Begabung und seinem Charakter. Die Erweckung breitet sich aus. Ein kompetenter Mitarbeiter mit solider Bibelkenntnis wäre ein Geschenk. Er erinnert sich an Saulus, den er als frisch bekehrten Jünger in Jerusalem getroffen hatte. Nun tut er etwas Befremdliches: Er lässt die aus allen Nähten platzende Gemeinde für längere Zeit allein. Und verreist, um Saulus zu suchen. Das ist doch unverantwortlich!

Barnabas rechnet eben weiter mit der Gnade Gottes. Leben und Wachstum der Jüngergruppe hängen nicht von ihm ab, weil sie die Gemeinde des Auferstandenen ist. Barnabas hat die Demut, sich nicht für so wichtig zu halten, dass die junge Gemeinde ohne ihn nicht weiter kommt. Das Schönste daran: Die Gemeinde ließ ihn ziehen! Er zeigt Größe, den ihm geistlich und intellektuell weit überlegenen Paulus an seine Seite zu berufen, mit dem vollen Bewusstsein, dass er dadurch ins zweite Glied zurücktreten würde.

In Antiochien gab es keinen Leiterkult. Barnabas und Paulus lebten das vor – die Mitarbeiter folgten ihrem Beispiel. Nicht auf irgend einen begabten, gründlich ausgebildeten Vollbluttheologen oder renommierten Gemeindebausachverständigen, auch nicht auf einen von weither beigezogenen Spezialisten setzten sie ihre Hoffnungen. Ich sage nicht, dass es solche nicht braucht. Aber in Antiochien stand Jesus Christus im Fokus!

5) Propheten regten an, die erste Missionskollekte zu sammeln (V. 27-29)

Darüber möchte ich mich kurz fassen: Mit der ersten Kollekteninitiative und in den gesammelten Gaben wurde die Liebe von Jesus zur sicht- und wahrnehmbaren Tatsache und unterstrich damit ein weiteres Mal das Christenlabel.

Im Lauf der Jahrhunderte bekamen die Christen verschiedene andere, auch weniger schmeichelhafte Attribute zugeordnet. Wir wollen uns heute nicht daran aufhalten.

Die Kurve kriegen

Eines Abends saßen wir im Mitarbeiterkreis meines früheren Arbeitsplatzes in einer reformierten Gemeinde im Aargau zusammen. Als Dessert einer Sitzung durfte jeder der Reihe nach etwas über den andern sagen. Ich kam auch dran. Gespannt spitzte ich meine Ohren. „Wenn Walter predigt,“ hieß es, „fällt mir eines auf. Welchen Text er auch auslegt, sei es aus dem Alten Testament, den Psalmen oder Propheten, es können Texte aus den Evangelien oder den Briefen sein: Immer kriegt er die Kurve, um bei Jesus zu landen.“

Ich hätte das als Kritik auffassen können; als Vorwurf, ich tische immer dasselbe Menü auf. Aber es war als Kompliment gemeint. Kaum eines hat mir mehr Freude gemacht.
Die Antiochier bezeugten immer Jesus, den Weltenretter. Darum wurde ihnen das Christenlabel umgehängt. Eine Auszeichnung wertvoller als jede Goldmedaille!

Wollen wir uns mit Schwung in die Kurve legen oder besser hineinknien, um weder stecken zu bleiben noch aus dem Gleis geworfen zu werden? Welches Label stecken wohl andere unserer Gemeinde an?  


Anregung für Kleingruppen:

- Dankt für alles, was bei uns an Gnade sichtbar wird!
- Tragt das Potenzial unserer Gemeinde zusammen. Welche Gabe/Begabung fällt ins Auge?
- Entwerft das Traumlabel für unsere Gemeinde!
- Was willst DU beitragen, damit sich dieses verwirklicht?

Autor: Lüscher, Walter


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Was ist Wahrheit?

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Vor meinem Urlaub ging mir auf dem Weg zu einer Freizeit mein Auto kaputt. Die Ölwarnleuchte sprang ständig an und so musste ich mich vom ADAC abschleppen lassen. Mein Haus- und Hof-Mechaniker sagte mir dann, dass aller Voraussicht nach die Hydrostößel kaputt sind. Kurzum: Reparatur sehr teuer und bei 15 Jahren auf dem Buckel nicht mehr richtig sinnvoll. Sprich: Ausschau nach einem neuen Gefährt halten.

Letzte Woche intensivierte ich die Suche deutlich. Und schon schnell stieß ich da auf ein großes philosophisches Problem! Nein, nicht etwas die Marke. Die steht ja eigentlich gar nicht wirklich zur Debatte und ist für uns Wolfsburger auch keine wirkliche Frage, oder? Nein, die Frage, die mich in der Diskussion mit den Händlern beschäftigte, war die Pilatusfrage: Was ist Wahrheit?

Ist das, was mir die Händler erzählen, tatsächlich wahr? Kann ich ihnen trauen? Nun bin ich zwar eigentlich Laie bzgl. Autos, aber durch intensiven Nachhilfeunterricht von einem sehr freundlichen Ingenieur (lieber Hartmut) und viel Internetstudium war ich dann doch ein bisschen belesen. Und so musste ich feststellen, dass nicht alles, was im Internet über die angepriesenen Autos geschrieben wurde, auch stimmte. Nicht alles entsprach der Wahrheit. Und diese Wahrheit wurde dann auch noch zurecht gebogen mit fadenscheinigen Argumenten. Das verunsichert und lässt einen viele Kilometer quer durch die nördlichen Gefilde unseres Bundeslandes fahren.

Bisweilen habe ich bei der ganzen Sucherei und Leserei nachts von Lenkrädern und Co. geträumt. Seit Donnerstagabend träume ich nun wieder von Fußball und Co. Die Suche hat ein dankbares Ende gefunden.

Und doch bleibt sie – diese eine Frage: Was ist Wahrheit?

Selten bin ich in so kurzer Zeit so intensiv mit der Nase auf dieses Thema gestupst worden, so dass ich gar nicht drum herum kam, hierzu eine Predigt zu schreiben, um mich einmal tiefer damit auseinanderzusetzen.

In der Vorbereitung und im Nachdenken bin ich auf einen Text gestoßen, der in Johannes 8 steht. Jesus befindet sich in einer spannenden Auseinandersetzung mit einigen Zuhörern. Er versucht ihnen klar zu machen, wer er ist. Wer ihn gesandt hat und was sein Auftrag ist. Den Zuhörern fällt es schwer, ihm zu folgen und sie müssen schon ihre ganzen Gehirnwindungen aktivieren. Aber sie sind nicht auf den Kopf gefallen und so gehen sie nicht weg, sondern bleiben und diskutieren mit. Der ein oder andere schenkt Jesus Glauben. Hier setzen nun die Verse 30 - 36 ein:

„Als er das sagte, glaubten viele an ihn.
Nun sagte Jesus zu den Juden, die ihm geglaubt hatten: Wenn ihr in meinem Wort wohnt, dann seid ihr in Wahrheit meine Jünger und ihr werdet in unvorstellbarer Tiefe die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen.
Sie antworteten ihm: Wir sind die Nachkommenschaft Abrahams und niemals sind wir Sklaven gewesen. Wie sagst du: Ihr sollt frei werden?
Jesus antwortete ihnen: Mit ganzer Sicherheit sage ich euch, dass jeder, der die Sünde tut ein Sklave der Sünde ist. Aber der Sklave bleibt nicht im Haus für alle Ewigkeit, der Sohn bleibt für immer. Wenn der Sohn euch nun frei macht, dann seid ihr wirklich frei!“
Johannes 8, 30 - 36

Ich möchte versuchen diesen Text einmal ein bisschen aufzuschlüsseln.
Jesus greift in diesem kleinen Abschnitt zwei ganz wesentliche Themen auf:
Was ist Wahrheit?
UND: Was ist Freiheit?
Wie definieren sich diese beiden Begriffe und wie stehen sie miteinander in Verbindung?

Zwei Themen, die damals aber auch noch heute durchaus spannend sind. Zwei Themen, die übrigens auch in jeder gesellschaftlichen Schicht diskutiert werden. Selbstverständlich in unterschiedlicher Art und Weise.

Was verstanden die Menschen zur Zeit Jesu unter dem Begriff der Wahrheit?

Dadurch, dass es auch in der damaligen Kultur schon Kulturvermischung gab, ist das gar nicht so einfach auseinander zu halten.

Die griechische Kultur und Literatur sahen in dem Wahrheitsbegriff vor allem eine intellektuelle Bedeutung. Die Wahrheit ist der volle und wirkliche Tatbestand. Die Wahrheit ist Realität und muss durch denkerische Leistung herausgefunden werden. Man muss durch Beweis und Gegenbeweis ermitteln, was wahr ist.

Das alttestamentliche Denken setzt einen ganz anderen Schwerpunkt. Das Alte Testament sieht Wahrheit viel weniger in den reinen Tatsachen eines bestimmten Sachverhaltes. Sie bezieht Wahrheit vielmehr auf eine Person. Das lässt sich sehr schön unterstreichen mit dem Wortumfang von Wahrheit im Alten Testament. Wahrheit wird nämlich auch gerne mal mit „treu“ bzw. „beständig“ oder „zuverlässig“ übersetzt. So sieht das AT „Wahrheit“ viel mehr in einer zuverlässigen Person. Wahrheit als eine Charaktereigenschaft, als ein Wesensmerkmal. Und genau so wird dann auch Gott beschrieben. Wahrheit ist ein Wesenszug Gottes. Er ist WAHR, Er ist TREU, Er ist BESTÄNDIG!

Somit unterscheidet sich der Gott der Bibel massiv von den launischen Gottheiten der Heiden. Er ist in seinem ganzen Handeln treu und gerecht. Und so kann auch der Schreiber des Psalms 36 sagen:
„Herr deine Güte reicht so weit der Himmel ist und deine Wahrheit so weit die Wolken gehen.“

Er drückt damit auf wunderbare Weise aus, was Gottes Verständnis von Wahrheit ist. Sie ist unendlich. Will sagen: Er ist über die Zeiten beständig, treu und zuverlässig.
Auf ihn ist Verlass. In anderen Übersetzungen heißt es gar:
„Herr deine Güte reicht so weit der Himmel ist und deine Treue so weit die Wolken gehen.“ (Gute Nachricht Bibel)

Im Neuen Testament vermischen sich nun diese beiden Sichtweisen. Auf der einen Seite die griechische Denke und auf der anderen Seite die jüdische Denke. Wenn wir aber den Fokus auf unserem Text behalten, so können wir hier ganz klar herausarbeiten, dass Jesus selbst sich als die Wahrheit vorstellt.

Der Sohn Gottes ist die Wahrheit. Und wer in ihm bleibt, man kann wirklich sagen in ihm wohnt, der wird die Wahrheit erkennen. Der wird erkennen, dass Jesus, dass Gott wahr ist! Beständig ist. Und viel mehr noch: die Wahrheit wird frei machen.

Und schwupps, schon sind wir beim nächsten großen Thema: Freiheit! Was ist Freiheit?

Die Juden in unserem Text stellen ja die steile Behauptung auf, dass sie niemals Sklaven waren. Sie waren und sind immer frei. Nun wird derjenige, der im Reliunterricht in der 3. Klasse aufgepasst hat, aber sagen: Moment, das Volk Israel, also die Juden, waren doch in Ägypten Sklaven. Die mussten doch die Pyramiden bauen. Das stimmt. Und nicht nur dort waren sie unter Fremdherrschaft sondern bis zur Zeit Jesu noch mindestens vier Mal.

Aber nach Ansicht vieler jüdischer Lehrer waren diese Reiche lediglich Werkzeuge Gottes. Sie waren sich ganz sicher, dass sie das Joch der Fremdherrschaft wieder abwerfen würden. Denn Israel stand schließlich unter dem Schutz Gottes. Das wird doch durch die Abstammung klar. Denn wer von Abraham abstammt ist frei! Das war die Überzeugung!

An der Stelle hakt Jesus ein und widerspricht: Abstammung macht nicht frei! Wer Sünde tut, der ist ein Knecht! Und das tun die Menschen nun einmal! Und wer ein Knecht ist, kann nicht im Haus des Vaters bleiben.

Das sind harte Worte, die die komplette Überzeugung der damaligen Menschen über Bord warf. Wieder einmal war Jesus deutlich und klar. Aber nicht ohne Angebot. Denn er sagt ja, dass die Wahrheit, dass der Sohn selbst frei machen kann.

Vers 36: „Wenn nun der Sohn euch frei macht, dann seid ihr wirklich frei!“

Dieser wenn/dann Satz ist übrigens keine Option. Jesu Sendung ist, dass die Menschen frei werden. Das ist die Wahrheit! Hier ist Gott unfassbar treu, also wahr! Und letztlich setzt sich Jesus mit der Wahrheit gleich. In einem anderen Kapitel des Johannesevangeliums heißt es ja dann auch ganz unverblümt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben!“

Ja, nun sind einige Knoten im Gehirn dazu gekommen. Ich gebe zu, dass das Thema sehr schwer ist und alles von uns abverlangt. Aber auch das gehört dazu, wenn man Jesus nachfolgt. Er sagt schließlich, dass wir Gott lieben sollen von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Verstand.

Aber wie sieht es nun mit unserer Wahrheit aus? Hilft mir das in Bezug auf die Autohändler bzw. sonstige Begegnungen?

Man muss zunächst einmal feststellen, dass unsere Wahrheit leider häufig nicht der Wahrheit entspricht. Wie oft bin ich schon Menschen begegnet, die ihre eigenen Lügen glaube. Ja manchmal haben sich ganze Lebenslügen um einen aufgebaut. Es ist doch erschreckend, dass man sich manchmal selbst nicht über den Weg traut, geschweige denn jemand anderem. Wie oft lügen wir uns etwas in die Tasche und glauben das dann auch noch...
 
Unser Wahrheitsempfinden ist leider sehr getrübt und oft auch eingefärbt. Eingefärbt durch Emotionen, Biografie und Erleben. So kann es passieren, dass es immer noch Menschen gibt, die den Holocaust leugnen und das als absolut wahr propagieren.

Wahrheit ist bei uns Menschen sehr schwierig. Weil das so ist, setzt Gott schon früh ein Ausrufezeichen. In den zehn Geboten heißt es, dass wir nicht falsch über unseren Nächsten reden sollen. Das heißt, wir sollen nichts Unwahres sagen. Denn Gott wusste schon damals, dass Lüge und Betrug die zwischenmenschlichen Beziehungen extrem gefährden. Wahrheit ist letztlich eine ganz wichtige Basis für gelingende Beziehungen.

Aber von Natur aus, von Geburt an, sind wir eben getrennt von Gott. Wir haben von Geburt an das Lügen-Gen in uns, weil wir eben von Gott getrennt sind. Und da es in geistlichen Dingen theologisch betrachtet kein Zwischending gibt, kann man es nur wie folgt sagen: Entweder man ist für Gott oder gegen ihn! Genau so krass formuliert es auch Jesus gegenüber seinen Zuhörern einige Verse nach unserem Text.

„Entweder ihr habt Gott zum Vater und tut seine Werke oder ihr habt den Teufel zum Vater und tut dessen Werke nämlich die Lüge(n)!“

Und genau an dieser Stelle müssen wir, glaube ich, alle erst einmal durchatmen. So ist es also um uns und unsere Wahrheit bestellt. Und wenn wir ganz ehrlich zu uns sind und tief in uns hineinschauen, entdecken wir vermutlich, dass an dieser deutlichen Realitätseinschätzung Jesu mehr als nur ein Funke Wahrheit dran ist.

Wir können es auch so zusammenfassen: Wir Menschen haben ein Wahrheitsproblem. Und zwar ein ganz massives.

Aber wer kann uns nun davon befreien? Wer hilft mir, dass es mit meiner Wahrheit besser wird? Denn ganz ehrlich, ich habe ein hohes Interesse daran, dass ich wahrhaftig bin. Denn ich weiß, dass dann Beziehungen gelingen. Dann gelingt es, das Leben zu gestalten. Hier werden wir wieder auf Vers 36 aus Kapitel 8 zurück geworfen:

„Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei.“

Dieses Werk möchte Jesus in uns vollbringen. Nun mögen einige sagen: Das ist ja schön und gut, aber Jesus ist ja nicht mehr auf der Erde!

Aber er hat vorgesorgt: Einige Kapitel weiter bereitet Jesus seine Jünger darauf vor, dass er geht und ER verspricht ihnen den Geist Gottes. Und von ihm sagt Jesus, dass das der Geist der Wahrheit ist und uns in alle Wahrheit leitet (Johannes 16,13).

Der Geist Gottes ist bei uns. Jeden Tag. Und auch er trägt die Charaktereigenschaft Wahrheit. Er ist also treu. Wahrheit zeichnet Gott den Vater aus, seinen Sohn und auch den Heiligen Geist. Hieran erkennen wir die Trinität, die Dreieinigkeit. Und wir erkennen eben auch dieses: Nämlich, dass Gott über die Zeiten hinweg der Gleiche ist. Er ist unveränderlich! Er ist wahr!

Was nehme ich mit in die nächste Woche?

Ich möchte mich neu der Wahrheit Gottes stellen. Ich möchte mich neu von Ihm befreien lassen und darum bitten, dass er meinen Lügengebilden auf die Spur kommt. Jeder von uns, das ist meine Überzeugung, hat das nötig. Gerade in turbulenten Zeiten ist es wichtig, sich von Gottes Geist durchleuchten zu lassen. Und warum? Damit Beziehungen gelingen!
Amen

Autor: Schütz, Jens Michael


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Geld oder Leben!

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Liebe Gemeinde,

ich nehme an, die meisten von euch haben schon mal bei Esso getankt. Das nächste Mal, wenn ihr an einer Esso-Tankstelle steht, kann es sein, dass ihr euch an diesen Gottesdienst erinnern werdet. Esso geht nämlich auf den Amerikaner John D. Rockefeller zurück, der 1870 die Öl-Firma „Standard-Oil“ gegründet hat. Die Anfangsbuchstaben von Standard Oil heißen S-O, daraus wurde Esso. Rockefeller war durch das Öl-Geschäft mit 33 bereits Millionär, und mit 53 schließlich der erste Milliardär auf der Erde. Doch diesen Erfolg hat er mit seiner Gesundheit bezahlt. Wimpern, Augenbrauen und Kopfhaare fielen ihm aus. Pro Woche verdiente er eine Million Dollar, aber seine Verdauung war so schlecht, dass er nur Zwieback mit Milch vertrug.
Und noch etwas fehlte ihm: Liebe zu anderen Menschen. Durch seine Rücksichtslosigkeit war er so verhasst, dass er ständig Leibwächter um sich haben musste. Er konnte sich über nichts mehr freuen und kaum noch schlafen. Schließlich ging es ihm so schlecht, dass die Zeitungsschreiber schon zu seinen Lebzeiten vorsichtshalber einen Nachruf auf ihn in der Schublade hatten.
Geld macht nicht glücklich, und trotzdem jagen wir ihm alle hinterher. Januar 2015 hat die Europäische Zentralbank entschieden, für über 1 Billion Euro Staatsanleihen aufzukaufen, damit in Europa noch mehr konsumiert und spekuliert werden kann. Der Deutsche Aktien-Index jagt seitdem ein Allzeit-Hoch nach dem anderen, als hätte es die Finanzkrise vor gerade mal 6 Jahren nie gegeben.

Biedere Bürger, die bisher all ihr Guthaben auf Sparbüchern gebunkert hatten, haben schlaflose Nächte, weil es dafür keine Zinsen mehr gibt und man überlegen muss, wie man sein ganzes Geld jetzt gewinnbringend anlegt. Am besten ist sowieso, das Geld jetzt einfach auszugeben! Kaufen, kaufen, kaufen! Der Konsumklimaindex ist so hoch wie schon seit vielen Jahren nicht mehr. Der deutschen Wirtschaft geht es wunderbar und jetzt fällt auch noch der Euro-Kurs, sodass wir noch besser exportieren können. Und das Öl ist so schön billig geworden, dass das Tanken jetzt auch viel weniger kostet, nicht nur bei Esso. Wir sparen jetzt also sogar beim Tanken und so haben wir noch mehr Geld um noch andere tolle Sachen zu kaufen.

Wir sind gefangen in einer gigantischen Konsumspirale, und ich habe den Eindruck, auch wir Christen machen fröhlich mit, egal, ob wir viel oder wenig haben. Der Multi-Millionär Jean Paul Getty hat mal gesagt: „Wenn man kein Geld hat, denkt man immer an Geld. Wenn man Geld hat, denkt man auch immer an Geld.“

Geld ist für jeden von uns eine große Macht, die unser ganzes Leben in Beschlag nehmen kann, egal, ob wir Millionen anlegen müssen, oder vom BaföG oder von Hartz IV leben. Wir alle tragen den Keim der Geldgier in uns, deswegen ist der Kapitalismus ja so erfolgreich. Der Soziologe Nobert Bolz sagt: „Wenn die Menschen nur einkaufen gehen würden, weil sie etwas brauchen, und wenn sie nur kaufen würden, was sie brauchen, wäre die kapitalistische Wirtschaft längst zusammen gebrochen.“

Unsere Wirtschaftsordnung funktioniert nur, weil wir alle viel mehr haben wollen, als wir brauchen: das bessere Smartphone, das größere Auto, die coolere Kleidung usw. Wir brauchen 80 Millionen Habsüchtige, damit Deutschlands Wirtschaft funktioniert, und wir Christen sind mitten dabei und machen meist ohne schlechtes Gewissen mit bei dem Spiel. Denn das Mehr-haben-wollen ist gesellschaftlich akzeptiert, politisch korrekt und irgendwie doch auch keine richtige Sünde, oder? Solange man seinen Zehnten spendet!?

Früher wurde die Habsucht in unseren Kreisen als sogenannte „weiße Sünde“ bezeichnet. Weiße Sünden sind die Sünden, die man nicht sieht auf unserer weißen Weste, die keinem sofort auffallen, die aber trotzdem da sind und trotzdem Sünde sind – und dazu gehören Neid, Geiz und Habsucht.

Die Bibel ist da ganz eindeutig: „Geldgier ist eine Wurzel alle Übels.“ (1.Timotheus 6,10)

Sein Leben vom Geld bestimmen zu lassen, ist kein Kavaliersdelikt. Es wird auf die Dauer unser Leben zerstören. Über keine andere Sünde redet Jesus so oft, wie über die Geldgier. Jeder fünfte Vers des Lukasevangeliums dreht sich um den Umgang mit Geld und Besitz.

Einen Text schauen wir uns jetzt mal genauer an, aus Lukas 12 ab Vers 13, wo es heißt:

„Es sprach aber einer aus dem Volk zu ihm: Meister, sage meinem Bruder, dass er mit mir das Erbe teile. 14 Er aber sprach zu ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbschlichter über euch gesetzt? 15 Und er sprach zu ihnen: Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat. 16 Und er sagte ihnen ein Gleichnis und sprach: Es war ein reicher Mensch, dessen Feld hatte gut getragen. 17 Und er dachte bei sich selbst und sprach: Was soll ich tun? Ich habe nichts, wohin ich meine Früchte sammle. 18 Und sprach: Das will ich tun: Ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen und will darin sammeln all mein Korn und meine Vorräte 19 und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut! 20 Aber Gott sprach zu ihm: Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast? 21 So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott. 22 Er sprach aber zu seinen Jüngern: Darum sage ich euch: Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen sollt, auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen sollt. 23 Denn das Leben ist mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung.“

Zu Anfang sehen wir einen Menschen mit einem anscheinend berechtigten Anliegen. Es geht um einen Erbstreit. Anscheinend ist ein vermögender Mann gestorben und hat zwei Söhne hinterlassen. Normalerweise wurde damals der Besitz in solch einem Fall je zur Hälfte auf die beiden Söhne aufgeteilt. Der ältere Sohn hatte dann die Pflicht, dem Jüngeren das halbe Erbe auszuzahlen. Das war rechtlich so festgelegt. Nun, in unserem Fall hat sich anscheinend der ältere Sohn geweigert. Dann war es üblich, dass man als betrogener Erbe den Fall vor einen Rabbi gebracht hat, der die Erbteilung dann offiziell durchgesetzt hat. So hat das der Mann in unserer Geschichte also gemacht und will sich nun Unterstützung von Jesus holen. Einfach um das zu bekommen, was ihm wirklich zustand, bringt er den Fall zu einem Richter.

Es geht um Gerechtigkeit, und wahrscheinlich hätten wir alle Verständnis für diesen betrogenen Mann. Jesus – nicht! Seine Antwort ist nicht sehr verständnisvoll, sondern überraschend schroff: „Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbschlichter über euch gesetzt?“

Wow! Wenn ich derjenige gewesen wäre, der Jesus um Hilfe gebeten hat, ich wäre ziemlich gebügelt nach Hause gegangen: „Jesus, aber, ich hab doch Recht! O.K., wenn du diesen Fall nicht übernehmen willst, dann kann ich meinetwegen auch zu jemand anderem gehen.“

Aber Jesus setzt noch einen drauf: „Seht zu und hütet euch vor aller Habgier; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat.“

Jesus ist hier ziemlich eindeutig: er sieht hinter diesem Erbstreit letztlich reine Habgier und sagt dem Mann eigentlich: „Egal, ob es dir zusteht oder nicht. Du gierst danach, dass du den Besitz bekommst! Und das ist Habgier! Aber Besitz kann kein echtes Leben schenken! Und deswegen lass mich damit in Ruhe! Ich bin nicht gekommen, um Leute reich zu machen! Aber wenn du irgendwann danach fragst, wie man echtes Leben findet, dann kannst du gerne wiederkommen!“

Jesus gibt eine krasse, geradezu allergische Antwort: „Niemand lebt davon, dass er viele Güter hat!“
Oder wie der Satz eigentlich wörtlich heißt: „Denn noch nicht mal für einen im Überfluss Lebenden besteht sein Leben aus seinen Gütern!“

Im Gegenteil: Die Güter haben sogar die Macht, einen vom wirklichen Leben abzuhalten!
Und deswegen verstärkt Jesus seine schroffe Ablehnung des Fragestellers sogar noch und macht deutlich, dass ihm das nicht einfach nur rausgerutscht ist, sondern dass bei ihm wirklich beim Thema Geld der Spaß aufhört.

Das macht er klar mit der Geschichte vom reichen Kornbauern.
Wieder hören wir von einem Menschen, der eigentlich nichts Schlimmes gemacht hat, sondern im Gegenteil geradezu ein deutscher Musterbürger war, der einfach nach dem Motto gelebt hat: „Schaffe, schaffe, Scheunle baue!“, wenn er ein Schwabe gewesen wäre.

Alles läuft bei ihm wie geschmiert. Er ist ein Bauer mit gutem Land und hat eine sehr gute Ernte erlebt. Man kann ihn nur beglückwünschen! Und natürlich muss man dann überlegen, was man mit solch einer tollen Ernte macht. So überlegt er sich, dass er den Ertrag am besten in die eigene Altersvorsorge steckt:

„Und sprach: Das will ich tun: Ich will meine Scheunen abbrechen und größere bauen und will darin sammeln all mein Korn und meine Vorräte 19 und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut!“

Wunderbar: ein Vorrat für viele Jahre, um einen sorgenfreien Ruhestand zu haben! Wer will ihm das verübeln? Das ist der Traum eines jeden Deutschen! Die Sicherheit, dass man den eigenen Lebensstandard bis ins hohe Alter beibehalten kann. Die Rente des Kornbauern ist sicher! Und sie ist ein beruhigendes Polster!

Aber der Mann wird von Gott selbst aus diesem Traum herausgerissen: „Du Narr!“, sagt Gott!
Die eigentlichen Narren sind nicht die vom Rosenmontagsumzug. Die echten Narren, die wirklich verrückten Dummköpfe sind die, sagt Jesus, die denken, dass mit einer guten Finanzplanung irgendetwas Entscheidendes im Leben gewonnen wäre.

Gott sagt dem Mann: „Du hast nichts verstanden! Du hast auf das völlig falsche Pferd gesetzt! Finanzielle Sicherheit bringt kein Leben!“
Wie krass! Jeden guten Deutschen fordert diese Geschichte total heraus. Kann Jesus das wirklich so meinen?
Anscheinend ja!

„Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern; und wem wird dann gehören, was du angehäuft hast? 21 So geht es dem, der sich Schätze sammelt und ist nicht reich bei Gott.“

Unsere Sterblichkeit stellt unser Kreisen um unseren Besitz total in Frage!
Könnte es sein, dass diese Geschichte unser Leben mehr beschreibt, als wir wahrhaben wollen? Dass wir volle Scheunen oder Konten haben, aber leere Herzen? Und dabei ist es ganz egal, auf welcher Gehaltsstufe wir stehen. Selbst ein wohnungsloser Bettler kann extrem geizig und ängstlich darauf bedacht sein, dass ihm keiner seine Plastiktüte klaut.

Es geht nicht darum, wie viel wir haben, sondern, dass uns dieses Haben bestimmt, dass wir immer darum kreisen, was wir uns als Nächstes wünschen, und dass wir deshalb für Gott und den Nächsten nichts tun können, weil wir ja erstmal so viel für unser Haus, unser Auto und die Alterssicherung tun müssen.

Jesus ringt darum, dass ein Blickwechsel passiert und wir wieder darauf achten, was wirklich zählt im Leben!

Er sagt: „Macht euch keine Sorgen über Essen, Trinken und Kleidung. Dafür wird Gott sorgen. Kümmert ihr euch um das, was ER mit euch vorhat. Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes, so wird euch das alles zufallen!“

Das eigentliche Problem beim Geld ist also, dass wir uns Sorgen machen; dass wir uns damit beschäftigen, entweder, wo wir Geld herkriegen, weil wir meinen, dass wir zu wenig haben, oder wie wir das, was wir haben, sichern oder wie wir es sogar vermehren können. Und ohne, dass wir es merken, besitzen nicht wir das Geld, sondern das Geld besitzt uns, wir sind be-sessen – vom Besitz – und kreisen darum wie um einen Gott!  

Aber Jesus sagt: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon!“ (Matthäus 6,24)

„Wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz!“ (Lukas 12,34) - und das Herz kann man nur Einem geben! Christsein und ein habsüchtiges Leben schließen sich gegenseitig aus. Man kann nicht für Gott da sein wollen und sich gleichzeitig vom Geld antreiben lassen! Das widerspricht sich.

Wer für Geld lebt, der kann nicht für Gott und den Nächsten da sein. Aber genau darum geht es doch in diesem Leben, um das Reich Gottes, d.h. darum, dass ER herrschen kann, dass er uns beherrschen kann, dass ER aus unserem Leben etwas machen kann für seine Ziele, zum Wohl der Menschen. Und wir sind nur frei für seine Ziele, wenn unsere Gedanken eben nicht dauernd darum kreisen, wieviel oder wie wenig wir haben!

Eine der tiefgehendsten Analysen der Habsucht hat der Psychoanalytiker Erich Fromm einmal in seinem Buch „Haben oder Sein“ vorgenommen. Er sagt darin, dass aus psychologischer Sicht in unserem Leben alles auf ein Sein ankommt, das die wirklichen Bedürfnisse von uns und den Menschen um uns herum im Blick behält. Ein Hab-Süchtiger aber sucht einfach immer danach, mehr zu haben, weil er denkt: „Ich bin, was ich habe!“ Das aber ist ein Trugschluss!

Ich weiß noch, dass ich als kleiner Junge ein Sparbuch hatte, auf dem stand: „Sparst du was, dann hast du was und hast du was, dann bist du was!“ Was für eine Lüge, sagt Erich Fromm. Wenn das alles ist, was es über dich zu sagen gibt, dass du etwas hast, dann bist du ein Nichts! Du drehst dich nur noch um dich selbst und deinen Besitz. Zuerst besitzen wir die Dinge, und dann besitzen sie uns und saugen uns aus. Sie kosten uns Zeit und Energie, sie brauchen Platz, sie müssen benutzt, gepflegt, gelagert, präsentiert werden. Und vor allem muss man sie schützen, versichern und bewachen, dass sie einem niemand nehmen kann. Man lebt in der Angst um seinen Besitz und verkümmert als Mensch. Und am Ende stirbt man sowieso, ohne irgendetwas mitnehmen zu können. Wie der Volksmund sagt: „Das letzte Hemd hat keine Taschen!“

Das steht schon in der Bibel. Paulus sagt in 1. Timotheus 6, 7: „Wir haben nichts in die Welt gebracht; darum werden wir auch nichts hinausbringen.“

Wir werden nichts, was wir haben, mit in die Ewigkeit nehmen. Wer sich darüber definiert, was er hat, der ist in der Ewigkeit ein Nichts! Die Hab-Sucht verfehlt nicht nur dieses Leben, sondern sogar das ewige Leben!

Das ist die tragische Verführung des Kapitalismus. Nicht nur, dass wir im Anhäufen von Besitz in diesem Leben keine Erfüllung finden, sondern dass es uns sogar das ewige Leben kostet, weil wir keine Freiheit hatten, uns um das wirklich Entscheidende im Leben zu kümmern!

Wenn wir Jesus ernst nehmen, dann passt eher ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein reicher Mensch ins Reich Gottes kommt (Lukas 18,25). Das heißt doch: Geld und Besitz sind solch starke Mächte, dass normalerweise jeder Mensch, der viel hat, das Leben verfehlen wird. Die Wahrheit ist nicht: „Geld bringt Leben!“, sondern „Geld oder Leben!“

Wenn du Leben haben willst, dann lass dein Geld los! Es wäre ein echtes, großes Wunder, wenn jemand, der viel hat, sein Leben von Gott bestimmen lässt und danach fragt, was man aus Gottes Perspektive mit diesem ganzen Besitz anfangen soll. Und da wir als Deutsche im Weltmaßstab fast alle zu den Reichen gehören, müssen wir eigentlich sagen: Es ist ein Wunder, wenn ein Deutscher sich nicht mehr um seinen Besitz sorgt, sondern wirklich frei wird für Gott! Es ist ein Wunder, dass es in Deutschland überhaupt noch Christen gibt.

Gemeinden sind Sammlungsorte von Menschen, an denen Gott das Wunder getan hat, dass sie in ihm ein größeres Ziel gefunden haben als das Kreisen um den Besitz. Das Problem ist nur, dass man ganz leicht wieder rückfällig wird. Und deshalb singen wir im Gottesdienst auch immer wieder: „Wir bitten um Vergebung für Habgier, Lüge, Streit ..“

Ja, die Habgier ist da, auch bei uns Christen, und sie wird uns bis zum letzten Atemzug anhaften. Aber wenn wir Jesus da ranlassen, dann wird sie uns nicht ins Verderben reißen. Jesus ist auch für unseren Geiz und den Neid am Kreuz gestorben. Und allein deshalb haben wir Habsüchtige eine Chance, das Leben zu finden und in den Himmel zu kommen, weil wir in Christus eine neue Identität bekommen. Weil wir in ihm nicht nur etwas haben, sondern wirklich wer sind. Und das verändert dann Stück für Stück unser Leben und macht aus uns Raffsüchtigen immer bescheidenere Menschen, aus Neidern Gönner, aus sorgenvollen Pfennigfuchsern dankbare Menschen, die darauf vertrauen, dass Gott sie auch morgen versorgen wird, und aus Geizkragen freigiebige Wohltäter.
Im Leben von John D. Rockefeller gab es eine Wende, als er ungefähr 50 Jahre alt war. Er begann seinen christlichen Glauben als Baptist ernst zu nehmen und ließ sich von einem baptistischen Pastor beraten, was er aus Gottes Sicht mit seinem ganzen Geld machen soll. So begann er mit seinem Geld zu helfen. Er gründete unter anderem die Rockefeller-Stiftung, die mit dazu beigetragen hat, das Penicillin zu entdecken und viele Krankheiten effektiv zu bekämpfen. Er finanzierte sogar die Gründung des deutschen baptistischen Predigerseminars, des heutigen Theologischen Seminars Elstal. Er setzte sein Geld nun in großem Stil für andere ein und galt irgendwann als einer der größten Wohltäter der Menschheit – und dabei gesundete er selbst. Die Zeitungsredakteure konnten ihre schon geschriebenen Nachrufe wieder einpacken.

Nachdem Rockefeller mit 53 eigentlich schon todkrank war, bekam er durch seinen erneuerten Blick für Gott und andere Menschen wieder neue Lebenskraft und starb tatsächlich erst mit 97 Jahren. Er scheint den Weg durch’s Nadelöhr gefunden zu haben, trotz all seiner Milliarden – es ist der Weg der inneren Freiheit, Jesus hinterher.
Gott hat grundsätzlich nichts gegen Millionäre, gerechte Erbteilungen, eine gute Altersvorsorge und große Vorratsscheunen, aber er will uns immer wieder wachrütteln, damit wir uns bloß nicht davon das erfüllte Leben erhoffen! Nur bei ihm finden wir das Lebensglück.
Amen

Autor: Lüdke, Frank


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